Premiere im Theater Mönchengladbach Die Mischung aus Musical und Oper funktioniert
Die Zuschauer bei der Premiere von „Otello darf nicht platzen“ waren begeistert.
Ken Ludwigs Welterfolg „Lend me a Tenor“ ist ebenso beste Tür-auf-Tür-zu-Unterhaltung mit den immer für Pointen guten Verweis auf die skurrile Welt hinter dem Theatervorhang wie das Musical mit dem sperrig deutschen Titel „Otello darf nicht platzen“ von Brad Carroll. Und weil auf der Bühne auf der Bühne Verdis „Otello“ gegeben wird, kommt auch noch ein zur Unkenntlichkeit schwarz gemachter Mann drin vor. Was zu Turbulenzen führt, zumal an deren Höhepunkt gleich drei Otellos, sagen wir mal: ihr Unwesen treiben. Fürs Mönchengladbacher Theater inszeniert Ansgar Weigner nach so ziemlich allen Regeln der Kunst. Das Bühnenpersonal ist schön schräg angezogen, so im Stil der 1930er Jahre vielleicht, und wenn Theater gespielt wird, wird mit Garderobe-Klischees nicht gegeizt. Dazu fährt wie auf einem Rollbrett eine Bühne mit Rüschen-Revue-Vorhang immerzu vor und zurück, sodass die Zuschauer die Schauplätze Hotelzimmer und „Hinterm Vorhang“ bequem unterscheiden können. Das hat Ausstatter Christian Robert Müller gut hingekriegt.
Es geht um einen Star-Tenor, dessen Auftritt das abgetakelte Theater vorm Konkurs retten soll. Weil der aber zwar toll singen kann, jedoch dem eigenen Ego, Alkohol, Schlaftabletten und dem weiblichen Geschlecht mehr als dienlich zugetan ist, droht die Vorstellung zu platzen. Zumal ebendieser Tito Merelli, „Lo Stupendo“, ein halbes Stündchen vor der Premiere tot im Hotelbett liegt. Selbstmord, nachdem ihn seine Ehefrau verlassen hat. Man kann sich die Nöte vorstellen, in die das die Protagonisten stürzt, als da sind: Impresario Henry und sein Assistent Max, seine Tochter Maggie und all die anderen. Jetzt hat sich auch noch der Präsident zur Premiere angesagt...
Die musikalische Begleitung
setzt bewusst auf Ohrwürmer
Die Musik zitiert den amerikanischen Mainstream-Sound, klaubt herrlich im Opern-Repertoire herum und legt es auch auf Ohrwürmer an. Im Graben wirken die Niederrheinischen Sinfoniker unter Kapellmeister Andreas Fellner temperament- und schwungvoll, aber mit schepperndem Blech. Das Theater leistet sich drei Musical-Spezialisten als Gäste: Elena Otten gibt der Maggie einen verführerischen Schmelz mit, sie ist schlank, tanzt super und spielt perfekt das brave Mädchen mit einem Vulkan unterdrückter Gefühle. Für ihren Geliebten Max ist Gero Wendorff kurzfristig in die Produktion eingesprungen, den Weg vom Loser zum Helden-Tenor verkörpert er mitreißend und mit herzig erweckter Stimme. Dafür braucht’s Andreas Matthias Pagani, den Tito, der so herrlich italienisch Deutsch radebrecht. Er ist lebend wie tot – und wieder lebend – ein Bühnen-Ereignis. Daneben sorgen diverse Damen für höchstes Amüsement: Susanne Seefing als krachlederne Startenor-Gattin; Gabriela Kuhn als Haus-Diva mit einem phänomenalen Casting im Négligé; die drei Pepita-gedressten Annas: Johanna Werhahn, Margriet Schlössels und Pia Melenk. Nicht zu vergessen Markus Heinrich, Impresario, Tenor Nummer drei und ebensolcher Otello. Was der alles durchmacht... Das Publikum hält es am Ende vor Begeisterung nicht mehr auf den Plätzen.