Rocker: Kuttenraub kommt vor Gericht
Hells Angel soll einen Ex-Outlaw mit einer Pistole bedroht haben.
Der Fall ist dubios. Die Aussagen der Beteiligten sind karg bis zweifelhaft, wie so üblich im Rockermilieu. Ende Februar sollen drei Männer von den Hells Angels oder zumindest aus deren Umfeld eine Mönchengladbacher Wohnung aufgesucht haben, in dem ein Mitglied des Motorrad-Clubs Outlaws lebte. Einer der Männer, die sich demnächst vor Gericht verantworten müssen, zog laut Anklageschrift seine Pistole und setzte sie an den Kopf des verfeindeten Rockers, um dessen Kutte zu stehlen. Die Motorradweste sollte später für 5000 Euro verkauft werden, heißt es weiter in der Anklageschrift. Der Haupttäter wollte seinen beiden Komplizen je 1500 Euro vom Erlös geben.
Der Kuttenraub gehört zu den schlimmsten Demütigungen für einen Rocker. Widerfahren ist er nicht nur dem Outlaw, sondern auch einem Mitglied des Motorradclubs Gremium. Der Diebstahl in einer Gaststätte an der Hofstraße am 19. Juli galt bis jetzt als Auftakt der aktuellen Anschlagsserie zwischen verfeindeten Rockergangs. Hells-Angels-Mitglieder sollen in das Lokal gestürmt sein, das Gremium-Mitglied verprügelt haben und dann mit seiner Kutte als Beute wieder verschwunden sein. Offenbar war dies aber nicht der erste, sondern der zweite Kuttenraub in Mönchengladbach innerhalb weniger Monate. Es folgten: ein Anschlag mit Molotow-Cocktail und Handgranate auf das Vereinsheim der Outlaws in Mönchengladbach (27. Juli); Schüsse auf ein Geschäft in Rheydt, das von einem Hells Angel geführt werden soll (8. August); der Wurf eines Molotow-Cocktails auf das Vereinsheim der Outlaws in Hückelhoven-Baal (10. August); Schüsse auf ein Geschäft in Erkelenz, das von einem Outlaw betrieben werden soll sowie ein Brandanschlag auf das Outlaws-Clubhaus in Baal (beides am 13. August); Verfolgungsjagd und anschließende Messerstecherei unter Rockern in Erkelenz (24. August).
In Mönchengladbach und in Aachen wurden wegen der Rocker-Streitigkeiten Sonderkommissionen eingerichtet. Doch die Ermittlungen sind schwierig. Rocker reden nicht viel bei der Polizei, auch wenn sie Opfer einer Straftat wurden. Das ist ehernes Gesetz. Die Aussagen des Geschädigten nach dem Kuttenraub Ende Februar sollen auch eher spärlich sein. Er sei von Hells-Angels-Mitgliedern mehrfach aufgesucht worden, weil er für sie Amphetamine verkaufen sollte. Dies habe er aber stets abgelehnt. Außerdem sei er kein Outlaw-Mitglied mehr — was fraglich ist, weil die Kutten in der Regel im Besitz des Vereins bleiben.
Zumindest einer der angeklagten Täter hat den Diebstahl der Outlaw-Kutte im Ermittlungsverfahren eingeräumt. Er steht am 16. September als erster vor Gericht. Da er zum Tatzeitpunkt noch ein Heranwachsender war und strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist, wird sein Verfahren abgetrennt und vor der Ersten Großen Jugendkammer verhandelt. Der Prozess gegen den mutmaßlichen Haupttäter und den anderen Komplizen beginnt am 6. Oktober vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts.