Immer mehr alte Bäckereien in Gladbach müssen schließen
Die Konkurrenz von Billig-Ketten und Discountern ist zu groß für sie.
Sie kocht vor Wut. „13 Cent für ein Brötchen, da kann kein Bäcker mithalten“, spottet Gertie Riethmacher. Die Obermeisterin der Bäckerinnung Mönchengladbach kann nur tatenlos zusehen, wie Bäcker für Bäcker sein Handwerk an den Nagel hängt, da der Konkurrenzkampf und die Dumpingpreise das Geschäft unwirtschaftlich machen. Discounter wie Aldi, Netto, Lidl und Co. sind ihr ein Dorn im Auge. „Sie kaufen Teiglinge im Ausland für zwei Cent das Stück ein und backen sie hier nur noch auf“, sagt sie. „Die haben keine weiteren Lohnkosten“, schimpft sie weiter. „Wir stehen dagegen bei 40 Grad in der Nacht in der Bäckerei und schuften.“
Während die Discounterketten, die stetig wachsenden Franchise-Selbstbedienungs-Ketten und auch Tankstellen zunehmend in den Brötchen-Markt drängen, bleibt vielen Bäckern nur die Schließung. „,Schuster, bleib bei deinen Leisten’, heißt es doch. Dann sollen Tankstellen auch einfach nur Sprit verkaufen“, fordert Riethmacher.
Einst weit über 50, gibt es heute nur noch 18 Bäckereien in der Stadt, die der Bäckerinnung angehören. Die anderen haben aufgegeben. Um die fünf weitere Bäcker gehören noch der Konditor-Innung an. Aber auch dort hat es in den vergangenen Jahren einen starken Rückgang der Bäckereien gegeben. Riethmacher kann sich ausrechnen, dass traditionelle Bäckereien kaum Überlebenschancen haben. „Wir haben zwar die Qualität, aber viele können sich unsere Brötchen auch nicht mehr leisten“, sagt Riethmacher. In Gladbach, wo viele Familien jeden Cent umdrehen, seien viele auf das Billig-Brötchen angewiesen. Dazu kommt natürlich auch die Bequemlichkeit. Einmal im Supermarkt werden die Brötchen direkt mit eingepackt.
Eine Angestellte
Damit Bäcker noch konkurrieren können, müssen sie knapp kalkulieren. Rohstoffe und Lohn kosten von Jahr zu Jahr mehr. „Allein der gewerbliche Stromkostenaufwand liegt bei 1300 Euro pro Monat“, sagt eine Angestellte einer Traditionsbäckerei. Doch weder Discounter noch Strom- und Lohnkosten seien das größte Problem. „Ich kenne viele alte Kollegen, die wegen Auflagen des Ordnungsamts zugemacht haben“, sagt die Angestellte. Immer wieder werde man von ihnen „aufgesucht“, „und dann heißt es, machen sie mal dies neu, machen sie mal das neu“, sagt sie. Da komme schnell mal eine sechsstellige Summe zusammen. „Das ist es, was uns wirklich Schaden zufügt“, sagt sie. „Ich kann ein altes Haus aber nicht zu einer modernen Industrieküche umwandeln.“ Noch gebe es zwar einige von den alten Traditionsbäckereien: „Aber wer weiß, wie lange nach“.
Diese Sorge teilt gewissermaßen die Innungsobermeisterin Riethmacher. Für die Zukunft sieht sie schwarz. „Außer sie spezialisieren sich. Wir brauchen Nischenprodukte“, sagt sie. Aber was könnte das sein? Eine Nische im Bäckerhandwerk sind Biobrötchen. Hans Öhmen von der gleichnamigen Bäckerei verkauft derzeit ein Bio-Brötchen zu 46 Cent. Mehr als der dreifache Preis als für ein Discounter-Brötchen. Doch die Kunden schätzen die Qualität. Zudem setze er auf Regionalität. Ein Konzept, das noch aufgeht und immer mehr Zuspruch, aber auch Nachahmer findet.