Schornsteinfeger: Traumberuf in Schwarz

Ruhestand: Nach fast 50 Jahren hört Schornsteinfeger Paul Spitzer (63) morgen auf.

Mönchengladbach. Wer zu Paul Spitzer möchte, muss an Sankt Florian vorbei: Als Verzierung des eisernen Gartentörchens wacht er über das blühende Grundstück an der Taunusstraße. Im Eingangsbereich des Hauses ist der Heilige mit dem Löscheimer auf einer geschnitzten Tafel zu sehen - die Handarbeit eines dankbaren Kunden. Und an der schwarzen Arbeitskluft des Hausherren blitzen die metallenen Knöpfe mit dem Schutzpatron wie Golddublonen in der Sonne.

Jahrzehntelang war der Heilige, im Volksglauben hilfreich bei allem, was mit Rauch und Feuer zu tun hat, in doppelter Hinsicht für Paul Spitzer zuständig: "Ich war bei der Freiwilligen Feuerwehr, früher war das noch Pflicht für die Schornsteinfeger." Durch seinen Beruf habe er sich gut in den Gebäuden ausgekannt, dass sei bei der Brandbekämpfung sehr hilfreich gewesen.

Morgen geht der Bezirksschornsteinfegermeister nach fast 50 Dienstjahren in den Ruhestand. Er hört, im Alter von 63 Jahren, aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig auf. Wehmut spürt er nach eigener Aussage nicht: "Ich habe innerlich mit der Arbeit abgeschlossen, hätte nicht gedacht, dass ich das so schnell kann."

Paul Spitzer, Schornsteinfeger

Das Reinigen der Kamine ist Spitzers Traumberuf von Kindheit an. Sein Vater fällt im Krieg, als die Mutter stirbt, ist er acht Jahre alt. Der aus Schlesien stammende Waisenjunge wächst bei seinem Onkel in Dülken auf. Dieser rät ihm von der Ausbildung zum Schornsteinfeger ab. Doch Paul Spitzer setzt sich durch. "Ich hätte niemals in einer Firma arbeiten können, ich wollte draußen sein und selbstständig", sagt er heute. Als Lehrling fährt er täglich mehrere Dutzend Kilometer mit dem Rad, das nötige Gerät immer dabei.

Seit 1966 ist er in Rheydt tätig, als Meister verantwortlich für den Bezirk ist er seit Anfang der 80er-Jahre. "Die schönste Zeit war, als alles noch mit Kohle lief", erinnert sich Spitzer. Vier bis sechs Mal im Jahr kam er damals in die Häuser. "Da gab es noch viel menschlichen Kontakt, heute ist es leider anonymer." Er erzählt, wie er oft und ganz selbstverständlich zum Mittagessen eingeladen wurde, kleine Aufmerksamkeiten bekam - und stets über die Sorgen und Nöte in den Familien Bescheid wusste.

"Wichtig ist, dass die Menschen ihrem Schornsteinfeger vertrauen", sagt Spitzer, der von einigen seiner über 2000 Kundenobjekten Haustür- oder Kellerschlüssel besitzt. Die kann er nun zurückgeben. Der allein lebende Vater von drei erwachsenen Kindern, ein Sohn ist Schornsteinfeger in Rheindahlen, will sich nun verstärkt um den Garten und ein Ferien-Grundstück nahe der Eifelstadt Bitburg kümmern.

Marco Schraven Der Nachfolger von Bezirksschornsteinfegermeister Paul Spitzer ist Marco Schraven. Der 40-Jährige kommt aus Bedburg-Hau.

Kontakt Ab dem 1. Juli ist Schraven unter Ruf 02821/14020 zu erreichen.