Sprachreisen: Mama, ich will nach Hause

Angebot eines Veranstalters stößt auf Kritik von Eltern, aber es gibt auch welche, die zufrieden sind.

Mönchengladbach. Mit Gleichaltrigen Spaß haben und Englisch lernen - eine Sprachreise ins Ausland kann Schülern so etwas möglich machen. Das erhoffte sich auch Ina Pils und meldete ihre Tochter Hannah (12) für eine solche Reise an.

Mit dem, was sie dann erlebte, ist die Mutter, die in Gladbach arbeitet, ganz und gar nicht zufrieden. "Ständig erhielt ich von meiner Tochter SMS: Mama, ich will nach Hause."

Ihre Hauptvorwürfe: Die Kinder seien zu oft allein gelassen worden, zum Beispiel auf dem Weg zur Schule, der morgens 45 Minuten gedauert habe, oder bei einem Besuch in London.

Der morgendliche Unterricht habe die Englischkenntnisse nicht verbessert. Kontakt zu den Gastfamilien habe es kaum gegeben, weil die Kinder erst abends dort hingingen. Stattdessen seien die Kinder oft in ihrer Reisegruppe unterwegs gewesen, in der nur Deutsch gesprochen wurde.

Das Programm sei viel zu anstrengend gewesen für die Zwölfjährige. "Meine Tochter wurde körperlich so stark strapaziert, dass sie ab dem zweiten Tag nur noch nach Hause wollte", berichtet Ina Pils. Zudem klagte Hannah jeden Abend über Magenschmerzen vor Hunger.

Die ärztliche Versorgung sei nicht ausreichend gewesen. "Es war körperlich viel zu anstrengend, meine Tochter hatte einen Asthmaanfall", schildert eine andere Mutter.

Nach einer Woche holte ein Vater drei Teilnehmerinnen in England ab. Daraufhin sollten diese unterschreiben, dass sie die Fahrt wegen Heimweh abbrechen. Ein Schlichtungsversuch sei gescheitert, mit Hilfe von Anwälten wollen die Familien nun einen Teil der Kosten zurückfordern.

Susanne Thurner vom Swan College Sprachreisen in Kaarst weist die Vorwürfe zurück. Seit 1987 biete sie Sprachreisen nach England an. "Das habe ich noch nie so erlebt", sagt sie. Stattdessen führen viele immer wieder mit. So wie die Tochter von Bernd Markert.

Die 14-jährige Johanna sei schon zweimal mitgefahren und begeistert, wie es heißt. Auch seine älteste Tochter war bereits mit in England. "Johanna hat es in allen Gastfamilien gut angetroffen", so der Vater. Auch mit dem Essen habe es keine Probleme gegeben.

"Wir fahren mit einer überschaubaren Gruppe von 80 bis 120 Teilnehmern. 30 bis 35 Jugendliche sind in einer Gruppe, bei den Jüngeren, den Neun- bis 13-Jährigen, sind es weniger, 20 bis 25. Jede Gruppe hat drei bis vier Betreuer", sagt Thurner.

Daher sei die Aufsicht immer gewährleistet. Zwar seien nicht alle Kinder von Zuhause auf die neuen Lebensumstände in einem fremden Land vorbereitet, so Susanne Thurner. Aber bei Heimweh ständen die Betreuer zur Seite. Der Schulweg betrage maximal 20 Minuten mit dem Bus.

Dass die Kinder hungern, weist Thurner zurück. "Die Teilnehmer erhalten Lunchpakete bei den Gastfamilien."

Dass die Kinder am Nachmittag in der Gruppe auch viel Deutsch miteinander reden, räumt Thurner ein. "Wir sprechen mit den Teilnehmern Englisch. Was der Einzelne daraus macht, ist ihm überlassen. Wenn sich die Teilnehmer einen deutschen Freund in der Gastfamilie wünschen, ist klar, dass dort viel Deutsch geredet wird."

Bernd Markert ist von dem Konzept der Kaarster begeistert. "Unsere Große hatte in Englisch Probleme. Das hat funktioniert. Die Noten haben sich verbessert."

Die Teilnehmer müssen schon eine gewisse Selbstständigkeit mitbringen, findet der Vater. "Sprachurlaub ist kein Strandurlaub. Da sollte man wissen, worauf man sich einlässt." Das Programm sei vorher bekannt gewesen.

Für ihr Kind war die Fahrt die falsche Entscheidung, sagt Pils: "Die Sprachreise ist für Kinder in dem Alter nicht sinnvoll." Sie ärgert sich, dass sie sich nicht unabhängigen Rat geholt hat. Immerhin war das Ganze mit 1290 Euro (ohne Taschengeld) nicht gerade billig.