Mönchengladbach. Opfer und Täter an einem Tisch? Redend, entschuldigend, verzeihend und am Ende versöhnt? Das kann funktionieren. Auch ohne Paragraphen und Richterspruch. Seit zehn Jahren gibt es in Mönchengladbach eine Alternative zu oft langwierigen Streitigkeiten vor Gericht: die Fachstelle für Täter-Opfer-Ausgleich.
Hier wird zwischen den Parteien vermittelt - wenn sie es denn wollen. 2006 landeten 157 Fälle auf ihrem Schreibtisch - und es sollen mehr werden. Die Geschichten, die sie hierhin brachten, sind ganz unterschiedlich. Ebenso das Verhältnis der Parteien zueinander und die Vermittlung zur Fachstelle. "Häufig ist es sogar so, dass sich die Geschädigten und Beschuldigten schon lange kennen", sagt Stephanie-Ann Wirges.
Oft hatten die Mitarbeiter der Fachstelle mit zerstrittenen Nachbarn zu tun. "Meist schaukelt sich ein solcher Streit über Jahre hoch." Vorgezeichnet ist er oftmals schon kurz nach dem Einzug der "Neuen". "Die können sich zum Beispiel einfach nicht vorgestellt und damit die Nachbarn verärgert haben." Es folgen: Beleidigung, Sachbeschädigung oder sogar Körperverletzung.
"Meist beginnt es harmlos, ohne strafrechtlichen Auslöser." So geschehen bei drei jungen Frauen. "Eine von ihnen kam im vergangenen Jahr, weil sie sich mit einer ehemaligen Freundin nur noch anfeindete. Das ging so weit, dass sie sich mit ihren Autos ausbremsten." Nach vielen Gesprächen kam heraus: Eine dritte Freundin hatte mancherlei Intrigen gesponnen. Auch mit ihr wurden Gespräche geführt und es kam zur Aussöhnung.
Darüber hinaus entstehen viele Konflikte aus der Situation heraus, zum Beispiel auf dem Parkplatz. "Völlig fremde Menschen bekommen sich so sehr darüber in die Haare, dass der eine dem anderen den Parkplatz weggenommen hat, dass am Ende sogar die Fäuste fliegen", sagt Wirges. Das Erstaunliche: "Es sind oft völlig normale Menschen, bei denen man sich fragt, wie das passieren konnte."
Dass die Parteien in der Fachstelle für Täter-Opfer-Ausgleich an einen Tisch kommen, hat verschiedene Auslöser: Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht können vermitteln, wenn sie sehen, dass ein privater Ausgleich sinnvoll ist. Darüber hinaus können sich Opfer auch selbst melden. Im günstigsten Fall erklären sich die Beschuldigten zu einem Gespräch bereit.
Fälle 157 Täter-Opfer-Ausgleiche, davon wurden 16 aus 2005 übernommen. Beteiligt waren 380 Personen (157 Beschuldigte, 181 Geschädigte,42 Personen wieRechtsanwälte,Betreuer, Angehörige).
Ausgang 82 Mal haben sich die Parteien geeinigt. 12557 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld wurden vermittelt.
Delikte Die Liste der Delikte führen mit 74 Fällen die Köperverletzungen an, gefolgt von gefährlichen Körperverletzungen. Beleidigungen gab es 27-mal, aber auch Sachbeschädigungen (13), Nötigung (7), Bedrohung (6), Unterschlagung (6), Raub (4), Diebstahl (3), Freiheitsberaubung (1).
Kontakt Fachstelle für Täter-Opfer-Ausgleich, Friedhofstraße 39, Tel. RY 923951.