Viersen muss bis heute Abend150 Flüchtlinge unterbringen
Die Stadt erfuhr davon erst gestern Morgen. Nun wird die Sporthalle Ransberg zur Notunterkunft umfunktioniert.
Viersen. Die Nachricht, die ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung gestern in einem Mail-Postfach entdeckte, war kein schlechter Scherz. Es war eine amtliche Mitteilung der Bezirksregierung Düsseldorf. Ihr Inhalt: Die Stadt wird darin dazu angehalten, kurzfristig Platz für 150 Flüchtlinge zu schaffen — und das bis exakt heute, Freitagabend, 18 Uhr. „Ich fordere Sie auf, sofort und vorübergehend — zumindest für drei Wochen — Unterbringungsmöglichkeiten für 150 geflüchtete Personen bereitzustellen“, heißt es in dem Schreiben. Der Stadt blieben dafür gerade einmal noch 30 Stunden.
Die Kapazitäten der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sind erschöpft. Dort werden normalerweise Ankömmlinge untergebracht, bevor sie anschließend den Kommunen zugewiesen werden. Nun sollen die Kommunen das Land bei dieser Aufgabe entlasten.
In Viersen sollen die 150 Neuankömmlinge erst einmal in der Sporthalle Ransberg unterkommen. Die Halle wird derzeit entsprechend hergerichtet. Darüber informierte die Stadt gestern.
Die Verwaltung traf die Nachricht vollkommen unvermittelt. Einen Notfallplan gab es nicht. Gestern Morgen tagte im Rathaus ein Krisenstab, an dem das Sozialamt, das Gebäudemanagement und die Feuerwehr sowie Vertreter anderer relevanter Bereiche beteiligt waren. „Wir haben überlegt, wo man die Flüchtlinge unterbringen kann“, erklärte der Erste Beigeordnete Paul Schrömbges. „Innerhalb einer so kurzen Zeitspanne ist das nur in einer Turnhalle möglich.“
Bis jetzt wissen die Verantwortlichen nicht einmal, wer nach Viersen kommen wird — welcher Nationalität die Flüchtlinge angehören, ob es sich um Familien oder Einzelpersonen, alte oder junge Menschen handelt. Fest steht nicht einmal, wie viele Menschen heute Abend tatsächlich nach Viersen kommen. „Wenn sie eintreffen, werden wir eine Personenliste bekommen. Das ist alles“, sagt Schrömbges, der über die kurzfristige Anweisung per Mail verärgert ist — zumal das Schreiben am Mittwoch um 18 Uhr einging, also nach Dienstschluss.
Obendrein sei es noch an Bürgermeister Günter Thönnessen adressiert gewesen, der aber zurzeit im Urlaub sei, schimpft der Beigeordnete. „Durch diese Art der Benachrichtigung haben wir 15 Stunden verloren. Wenn das Schreiben früher eingegangen wäre, hätten wir einen halben Tag mehr Zeit gehabt“, sagt Schrömbges, der bei der Unterbringung „von einer großen menschlichen Verantwortung“ spricht.
Die Turnhalle soll, so planen es die Verantwortlichen, nach den Ferien wieder dem Schul- und Vereinssport übergeben werden. Allerdings weiß niemand, wie lange die 150 Personen tatsächlich bleiben. Es können drei Wochen sein, aber auch länger.