Viersener baut Dach mit Regenspeicher
Die Firma Kohlen entwickelte ein Retentionsdach für die Deutschland-Zentrale von Mitsubishi Electric in Ratingen.
Viersen. Vom schlichten Einfamilienhaus bis hin zu den „schiefen Türmen“ des kalifornischen Star-Architekten Frank O. Gehry im Düsseldorfer Medienhafen hat Dirk Kohlen mit seinem Unternehmen schon so ziemlich jedes Dach gedeckt. Trotzdem betritt die Kohlen GmbH & Co. KG gerne immer wieder Neuland. Sie baut zurzeit für die Deutschland-Zentrale von Mitsubishi Electric in Ratingen ein sogenanntes Retentionsdach. Grob vereinfacht ausgedrückt, funktioniert das Dach nach dem Prinzip eines Regenrückhaltebeckens.
Die Stadt Ratingen hat mit der Baugenehmigung des Komplexes die Bedingung verknüpft, dass das Regenwasser auf der rund 6000 Quadratmeter großen Fläche möglichst lange zurückgehalten wird und nicht gleich in den Kanal abfließt. „Kanalnetze wie in Ratingen sind durch die immer stärkere Versiegelung von Flächen und durch die zunehmenden sogenannten Starkregenereignisse überlastet. Aus nachvollziehbaren Gründen wollen Städte die Rohrdimensionen im Bestand nicht noch aufweiten. Also standen wir vor der Aufgabe, ein Dach zu konstruieren, dass Niederschlagswasser für mindestens zwei Tage zurückhält“, erklärt Geschäftsführer Dirk Kohlen.
Mit anderen an der Dachkonstruktion beteiligten Fachleuten und Firmen entwickelte das Süchtelner Traditionsunternehmen das Retentionsdach. Durch eine spezielle Begrünung, die der Bauherr unabhängig von der Regenwasserbehandlung wünschte, und mithilfe technischer Besonderheiten wird das Regenwasser tatsächlich auf dem Dach in einem modulhaft aufgebauten System aufgefangen und gespeichert. Der Wasserspiegel über den Köpfen der Mitsubishi-Mitarbeiter kann bis zu fünf Zentimeter hoch auf dem Dach zwischenlagern. Das Wasser wird kontrolliert erst dann abgeleitet, wenn das Kanalnetz Ratingens die beträchtlichen Mengen nach einem starken Regenschauer wieder aufnehmen kann.
Ganz bestimmte Dämmstoffe, eine ausgeklügelte Statik, eigens entwickelte Entwässerungssysteme und die Zusammenarbeit der Experten machen das „intelligente Dach“, wie Dirk Kohlen es beschreibt, möglich. Das vor 70 Jahren, nur wenige Wochen nach Kriegsende von Josef Kohlen gegründete Familienunternehmen führt Dirk Kohlen gemeinsam mit Udo Millen in dritter Generation. Mit seinen 50 Mitarbeitern errichtete Kohlen nicht nur die Dächer der Gehry-Bauten, dem Unternehmen vertrauten auch Canon in Willich, Schwarzkopf-Henkel in Viersen, die Maria-Hilf-Krankenhäuser in Mönchengladbach und das Einkaufscenter Sevens an der Kö in Düsseldorf. Das handwerkliche Dachdeckerunternehmen gilt als das größte am Niederrhein. Bei allem Faible für technisch hochinteressante und zukunftsweisende Aufträge vergessen Kohlen und Millen nicht die Wurzeln ihres Unternehmens.
„Wir kümmern uns genauso akribisch um ein Garagendach, den fehlenden Dachziegel oder eine defekte Dachrinne bei Privatleuten“, versichert Kohlen. Die Leistungspalette reicht von der klassischen Wohn- und Industriebedachung bis hin zur ökologischen Dachbegrünung. Dirk Kohlen ist Obermeister der Dachdecker-Innung Kreis Viersen, sein Unternehmen bildet regelmäßig Nachwuchs aus. Die vierte Generation ist bereits im Unternehmen tätig. Kohlens 25-jährige Nichte Christin Maass ist Betriebswirtin und leitet das Büro.