Wenn Satire Kühe übertönt

Die Spindel und die Brungs luden zum K(uh)abarett. Der Stall in Venn war wieder ausverkauft.

Mönchengladbach. Ob man "Münzmalle" oder eher "Assitoaster" bevorzugt, kommt immer auf die Perspektive an. Wenn Robert Grieß in die Rolle des kleinen Mannes schlüpft und die Welt aus dessen Sicht betrachtet, sollte uns, dem bürgerlichen Mittelschichtpublikum, eigentlich manchmal das Lachen im Hals stecken bleiben.

Das passiert aber zu unserer Erleichterung nicht. Die Eltern, deren Kinder als Philip und Sophie leichter durch die Schule kommen, das sind immer die anderen. Und selbstverständlich haben wir unseren Nachwuchs eben nicht Chantal oder Kevin genannt. "Ich bin für ne’ Revolte", sagt Robert Grieß im rheinischen Unterschicht-Slang.

Im ausverkauften Stall auf dem Hof von Bioland Brungs in Venn gelang dem Kölner Kabarettisten der perfekte Balanceakt zwischen dem Aussprechen unangenehmer Wahrheiten und dem Anstiften zum erleichternden Lachen.

Politisches Kabarett à la Robert Grieß und Stand Up Tragedy von Michael Steinke, bitterböse Plaudereien im Gewand des scheinbar harmlosen Moderators Ludger K. und liebenswerter, chaotischer "Weiberkram", mitgebracht von Rena Schwarz - beim 8. K(uh)barett-Festival präsentierten die vier Kleinkünstler die Spannweite von Comedy bis Kabarett, beides gut gemischt mit viel Schauspiel- und Gesangskunst.

Wer wie Rena Schwarz aus Ostwestfalen in den Spessart zieht, hat ein echtes Integrationsproblem. Das kann nur Angela Merkels Schwester lösen, in deren Rolle die bayrische Kabarettistin ebenso selbstverständlich schlüpft wie in den altbekannten Kanzlerinnen-Blazer.

Natürlich ist Rena Schwarz wie alle modernen Frauen auf der Suche nach dem perfekten "Mann mit Fähigkeiten". Kinder stehen jedoch nicht auf der Wunschliste, vor allem dann nicht, wenn sich wie bei Chantal Koslowski "regionale Nachnamen mit ausländische Vornamen" zusammentun.

Michael Steinke spürt eine "dunkle Macht", und das sind alle Mütter im Publikum. Seine hat den Mitvierziger gerade rausgeworfen. Das Muttersöhnchen im braunen Cordanzug mit original Flair der 70-iger hat zwar Claudia als Ersatz gefunden. Doch mit der neuen Lebensgefährtin hat es der Düsseldorfer auch nicht so leicht, und dann quälen ihn auch immer noch Erinnerungen an die Erziehungsmethoden seiner Mutter.

Steinkes Top Ten der Muttersprüche, garniert mit starkem Gesang und erotischen Tanzeinlagen, werden mit tosendem Beifall belohnt.

Dann ist Ludger K. wieder auf der Bühne und fragt sich, ob er in der "gefühlten Weltstadt Mönchengladbach" irgendwelche "regionalen Ressentiments beachten muss". Der selbsternannte "Berufsjugendliche im Ruhestand" hält Jürgen Rüttgers für eine Reinkarnation von Inge Meisel und stellt fest, dass mittlerweile alle Sciencefiction-Filme in der Vergangenheit spielen.

Der Duisburger nimmt sein Publikum gerne ein wenig auf den Arm, etwa dann, wenn er über die interessante Alterstruktur im Saal sinniert.

An diesem Abend hätten ganz offensichtlich "Eltern ihre Eltern mitgebracht". Wenn Kuh auf Kabarett trifft, ist eben alles möglich. Ach ja: "Münzmalle" und "Assitoaster" sind laut Robert Grieß alternative Bezeichnungen für Sonnenbank, eben je nach Perspektive.

Das K(uh)kabarett wird von "Die Spindel" und Brungs veranstaltet. Die Bio-Familie Brungs feierte das 20-jährige Bestehen ihres großen Hofes.