Start-up aus Mönchengladbach Renovido-Gründern gelingt Neustart nach Insolvenz

Viersen/Mönchengladbach · Das Mietküchen-Start-up eröffnete 2023 das Insolvenzverfahren. Mittlerweile sind Willi Rack und Julian Roth-Schmidt wieder voll im Geschäft – unter einem neuem Namen und mit einem angepasstem Konzept. Wie es dazu kam.

Julian Roth-Schmidt (l.) und Willi Rack, hier im Jahr 2021, haben mit ihrem Start-up Renovido Küchen vermietet – mussten aber vergangenes Jahr Insolvenz anmelden. Foto: Detlef Ilgner

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Den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als sei nichts passiert, das ist nicht das Ding von Willi Rack und Julian Roth-Schmidt. Sie haben als Neugründer ein kapitales Scheitern mit ihrer Geschäftsidee hingelegt und mussten nach einem erfolgversprechenden Start des Mietküchen-Start-ups Renovido eine Insolvenz anmelden. Das Ende war zugleich ein Neubeginn. Mit ihrer modifizierten Idee starteten die Unternehmensgründer erneut durch und sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem der Betrieb unter neuem Namen profitabel ist und das Investment Gewinn erzielt. Beim „Meetup“ als Treffpunkt für Neugründer und Gründer, organisiert vom Digitalisierungs- und Gründungsverein „NextMG“ in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach (WFMG) berichtete Roth-Schmidt im Café Van Dooren von Aufstieg und Fall, von Wiederbeginn und aktuellem Zustand.

Bei einer Veranstaltung im Van Dooren berichtete Gründer Julian Roth-Schmidt (stehend, 2.v.r.), wie er und sein Geschäftspartner Willi Rack (rechts daneben) einen Neustart hinlegten. Foto: Markus Rick

Foto: Markus Rick (rick)

Die Idee von Roth-Schmidt und Rack: Sie wollten Küchen in Form eines Mietabonnements anbieten. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Ländern werden in Deutschland Mietwohnungen in aller Regel ohne eine nutzbare Küche, also mit einem leeren Küchenraum angeboten. Der Mieter kauft sich dann selbst die erforderlichen Möbel und Elektrogeräte. „Hier haben wir mit unserer Idee angesetzt. Wir haben zu meinem monatlichen Preis Kücheneinrichtungen zur Miete angeboten. Der Wohnungsmieter konnte jederzeit sein Abo kündigen, wenn er auszieht“, erklärt Roth-Schmidt.

Das Geschäft kam schnell in Schwung. Rund 30 Mitarbeiter bauten in den letzten Monaten des Unternehmens monatlich 30 bis 40 Küchen bundesweit in Wohnungen ein, über 400 Abonnements waren abgeschlossen. Im prall gefüllten Lager warteten 70 Küchen auf eine Nutzung. „Wir lagen um rund 80 Prozent über den Zielen aus unserem Businessplan“, so der Renovido-Gründer. Im Juni 2022 verkündete das Mönchengladbacher Mietküchen-Start-up den erfolgreichen Abschluss einer der größten Finanzierungsrunden in Nordrhein-Westfalen. Doch schon im April 2023 war die Erfolgsgeschichte vorbei, das junge Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Die Gründe waren vielfältig. Durch die Corona-Pandemie hatte sich vieles verändert, die Wirtschaft und die Investoren wurden vorsichtiger. Die Menschen investierten nicht, die wirtschaftliche Rezession bremste. Das junge Unternehmen musste in ein vorläufiges Insolvenzverfahren eintreten. Alles schien sich zum Guten zu wenden, bis quasi in letzter Sekunde bei der Vereinbarung eines Notartermins der Investor seine Zusage zurückzog.

„Es war am dritten Geburtstag von Renovido, als wir unseren Mitarbeitern auf der Feier das Aus und die Insolvenz mitteilen mussten“, berichtet Roth-Schmidt. Warum der Investor abgesprungen ist, wisse er bis heute nicht.

„Das war emotional echt krass“, beschreibt Roth-Schmidt seinen Gefühlszustand zum Zeitpunkt der Insolvenz. „Wir haben das Unternehmen sauber abgewickelt“, sagt der zunächst gescheiterte Unternehmensgründer, der ebenso wie Willi Rack, mit dem er vertrauensvoll zusammenarbeitet, nach wie vor von der Idee der Mietküchen überzeugt war und am Ball blieb. Im September 2023 fanden er und Rack dann einen neuen Investor. Seitdem haben sie sich unter dem Namen „Wow! Kitchen“ mit Sitz in Viersen neu aufgestellt. Das Team hat an einigen Stellschrauben gedreht, das Mietmodell modifiziert, die Kosten gesenkt, ihre Idee dem Mietermarkt angepasst.

Welchen Fehler die beiden Gründer gemacht haben, kann Roth-Schmidt eigenen Angaben zufolge im Nachhinein nur schwer beschreiben. Das alte Modell sei daran gescheitert, dass nicht schnell genug ein Folgeinvestor gefunden wurde, nachdem der erste angesprungen war. Aber Roth-Schmidt hat seine Lehren aus der Insolvenz gezogen. „Die Hauptaufgabe eines Gründers ist es, zu überleben.“ Wenn ihn jemand fragt, ob es sich lohnt, ein Unternehmen zu gründen, sage er in aller Regel: „Nein, lasse es.“ Dann würden 90 von 100 Interessenten „sofort“ abspringen. Nur wer sich nicht von der Äußerung irritieren lässt, sondern für seine Idee brennt und kämpft, der habe eine Chance auf dem Markt, sagt Roth-Schmidt: „Wer sich dem Risiko stellt, Probleme zu lösen, nur der soll es machen.“

Eine weitere Erkenntnis nach der Achterbahnfahrt auf dem Weg ins Unternehmerleben: „Die wenigsten Gründer sind erfolgreich mit ihrer ursprünglichen Idee.“ Als dritte Erfahrung gab er den Besuchern des Treffens mit auf den Weg: „Man sollte es nicht auf eine Insolvenz ankommen lassen, sondern vorher die Reißleine ziehen.“