Von Neuss nach Düsseldorf Elfjähriger weckt Theaterfieber in sich

Neuss/Düsseldorf · Seine ersten Sätze kennt Luke Dopheide immer noch auswendig. Er sitzt zu Hause im Esszimmer, holt kurz Luft und zitiert dann mühelos aus dem Drama Peer Gynt. Und das in einer Sprache, die für einen Elfjährigen alles andere als alltäglich ist.

In Hamlet-Pose: Luke Dopheide hat bereits einige Theatererfahrung.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Dass der Sechstklässler so geübt ist, hat einen besonderen Grund: Vor einigen Monaten hat er am Rheinischen Landestheater (RLT) in Neuss den jungen Peer Gynt gespielt, vorher stand er dort schon im Stück „Power“, in einer Inszenierung von Ekat Cordes, auf der Bühne.

Luke ist im Theaterfieber. Aktuell ist er in der Shakespeare-Produktion „Richard III.“ am Düsseldorfer Schauspielhaus zu sehen. „Beworben habe ich mich mit der Anfangsszene aus Peer Gynt“, erinnert sich der Elfjährige, der selbst in Düsseldorf wohnt. Zwei bis vier Mal im Monat steht Luke nun mit Schauspielgrößen wie André Kaczmarczyk auf einer Bühne – als Kronprinz Edward. „Der soll eigentlich der Thronfolger werden“, erzählt Luke, „aber es gibt noch den bösen Onkel, der selbst König werden will, und dann den Kronprinzen, seinen Bruder und den Vater umbringt.“ Vor den Auftritten stand eine sechs Wochen lange Probenzeit. „Um mitzumachen, brauchen die Kinder eine Freigabe vom Arzt, der Schule und dem Jugendamt. Und es wird darauf geachtet, dass die erlaubten Proben- und Bühnenzeiten nicht überschritten werden“, erzählt Sina Dopheide.

Mittlerweile sind die Theaterauftritte für Luke schon Routine. Seinen Garderobenraum teilt er sich mit den Kinderdarstellern Rafael oder Theo, je nachdem, wer gerade seinen jüngeren Bruder spielt. Auch ein Betreuer, der sich um die jungen Schauspieler kümmert, ist dabei. Über den Inspizienten erfährt Luke, wann er auf die Bühne muss. Aufgeregt ist der Elfjährige aber nur, wenn er weiß, dass jemand in den Zuschauerreihen sitzt, den er kennt. „Ansonsten hat er kein Problem damit, vor 800 fremden Menschen aufzutreten“, erzählt seine Mutter und lacht. Nur vor dem Applaus sei Luke nervös gewesen. Es gibt nämlich eine bestimmte Abfolge, wer wann zum Abschlussverbeugen die Bühne betreten darf. Die dürfe aber nicht geübt werden, weil das einem alten Theaterglauben nach Unglück bringt. Und dann sei da noch all das Kunstblut auf dem Bühnenboden, in das er mit seinen weißen Schuhen nicht treten darf.

Aber Luke ist Profi durch und durch. Und dazu gehört auch das Auswendiglernen. Besonders für die Neusser Inszenierung von Peer Gynt musste er seitenweise Text kennen. Um auch nichts zu vergessen, sprach er sich Regieanweisungen und Hinweise zur Betonung auf seinem Handy ein.

Noch bevor Luke an das Rheinische Landestheater kam, sammelte er bei dem Stück „Peter gegen den Wolf“, das auf dem Düsseldorf-Festival aufgeführt wurde, seine ersten Schauspielerfahrungen. Als das RLT dann Kinderdarsteller für die Produktion „Power“ suchte, setzte Luke sich in mehreren Castingrunden durch und ergatterte eine der Rollen.

„Ich fand toll, dass wir Kinder eine Gang waren – im Stück und hinter der Bühne“, meint er. Mittlerweile hat der Elfjährige schon einige Einblicke ins Bühnenleben, er hat einen Eindruck davon bekommen, wie verschiedene Theatergewerke zusammenarbeiten und welche kleinen Rituale zum Auftritt dazugehören. Vor der Premiere werden so zum Beispiel sogenannte „Toi, toi, toi“-Geschenke verteilt. „Das Beste ist, dass ich in andere Rollen schlüpfen kann“, sagt Luke, der auch in Zukunft weiter auf der Bühne stehen möchte – gerne auch einmal in einem Kinofilm, „vielleicht in ‚Fluch der Karibik’ als Sohn von Jack Sparrow“, überlegt er, oder einem witzigen Theaterstück.

„Bisher habe ich nur Böse oder traurige Szenen gespielt, das passt gar nicht so sehr zu dem, was ich selber gerne lese oder schaue“, sagt Luke Dopheide. Er könnte sich auch vorstellen, später einmal beruflich in dem Bereich zu arbeiten, „vielleicht auch als Regisseur oder Drehbuchautor“. Seine Familie ist stolz auf ihn und freut sich, dass ihm das Schauspiel Spaß macht und sich nach jedem Auftritt eine weitere Tür öffnet. „Wir wollen ihn aber in nichts hineinandrängen. In erster Linie ist er Schüler“, sagt Sina Dopheide.