ADAC-Bilanz NRW ist Stauland Nummer 1 – und bleibt es

Düsseldorf · Anders als vor einem Jahr streiten ADAC und Schwarz-Gelb nicht mehr über die Zahlen. Autofahrer in NRW stecken rund 171 000 Stunden fest. Investitionen in Erhalt und Neubau der Straßen gut ein Drittel höher als 2016.

Nach Einschätzung von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst wird es noch viele Jahre dauern, bis sich die Lage auf den Straßen in NRW deutlich entspannt.

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Nein, von einem Dissens mit dem ADAC könne diesmal keine Rede sein, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf. Die Zahlen des Autoclubs zur Staubilanz an Rhein und Ruhr seien korrekt. „Die Ergebnisse zeigen Licht, aber auch Schatten“, so Wüst.

Vor einem Jahr hatte es wegen der Daten heftigen Streit gegeben. Während der ADAC auch damals von einem Staurekord in NRW sprach, behauptete Wüst, die Lage habe sich 2018 sogar leicht entspannt. Wie sich herausstellte, gab es große Unterschiede bei der Datenerhebung. Inzwischen hat das Land die Messmethoden des ADAC übernommen. Das ist auch deshalb nur konsequent, weil die sehr erfolgreiche Anti-Stau-Kampagne von Schwarz-Gelb im Wahlkampf 2017 stets auf den Zahlen des ADAC beruhte.

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Laut Wüst wird vor allem dort saniert, wo die Belastung hoch ist

NRW ist demnach im vergangenen Jahr Stauland Nr.1 geblieben – und daran wird sich in den nächsten Jahren auch nichts ändern. 36 Prozent aller bundesweiten Stauereignisse (Staus und stockender Verkehr) entfielen auf das bevölkerungsreichste Bundesland. Auch bei den Stau-Kilometern (Anteil: 32 Prozent) und Staustunden (33 Prozent) hatte NRW den größten Anteil.

Laut ADAC-Verkehrsdatenbank sank die Anzahl der Staumeldungen in NRW auf den mehr als 2200 Autobahnkilometern im vergangenen Jahr zwar um vier Prozent auf gut 253 000. Die Gesamtstaudauer stieg allerdings deutlich an (plus elf Prozent). Etwa 171 000 Stunden steckten die Autofahrer in Stau und stockendem Verkehr fest.

Laut Wüst gibt es dafür eine einfache Erklärung: Saniert wird auf Autobahnen mit besonders hoher Verkehrsbelastung. Wenn der Verkehr dort stockt oder zum Stillstand kommt, dauert es bis zur Auflösung des Staus besonders lange. Als Beispiele nannte Wüst die A1 im Abschnitt zwischen Kamener Kreuz und Kamen-Zentrum und die A3 zwischen Hilden und Oberhausen. Auslöser war dort unter anderem eine Notbaumaßnahme auf der Schwarzbachtalbrücke.

Der Autobahnabschnitt mit den meisten Staus war laut ­ADAC die A40 zwischen Essen und Dortmund (15 940 Meldungen). Bezogen auf die Anzahl der Staukilometer je Kilometer Autobahn erreichte der Abschnitt ebenfalls den NRW-Höchstwert (875) und lag damit auch bundesweit vorne.

Am längsten steckten die Autofahrer in NRW auf der A1 zwischen Köln und Dortmund im Stau (12 753 Stunden). Die Gesamt-Staulänge lag hier bei 32 196 Kilometern. Den mit 28 Kilometern längsten Stau in NRW gab es am 31. Oktober auf der A3 (Köln – Arnheim) zwischen Ratingen-Ost und Oberhausen.

Damit die Lage besser wird, fließt viel Geld in die Verkehrswege. Für den Erhalt und den Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen wurden 1,47 Milliarden Euro ausgegeben. Hinzu kamen mit 256,7 Millionen Euro Rekordinvestitionen in die Landesstraßen. Seit 2016 sind die Investitionen in Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen laut Wüst um ein Drittel gestiegen.

„Der Verkehrsstau von heute ist der Sanierungsstau von gestern“

Trotzdem wird es nach Einschätzung des Ministers noch viele Jahre dauern, bis sich die Lage auf den Straßen in NRW deutlich entspannt. In der Vergangenheit sei zu wenig investiert worden. „Der Verkehrsstau von heute ist der Sanierungsstau von gestern. Die Investition von heute ist die freie Bahn von morgen“, so Wüst. Um die Straßen wieder in Ordnung zu bringen, werde so viel Geld wie nie zuvor ausgegeben.

Von rascher Besserung geht auch der ADAC nicht aus. „Die gewaltigen Pendlerströme und der starke Transitverkehr in NRW sorgen in Kombination mit der hohen Anzahl von Baustellen unverändert für großes Staupotenzial“, meint Verkehrsexperte Roman Suthold vom ADAC Nordrhein. Erst ab 2030 könnte es sich in NRW wieder etwas entspannen, wenn der Investitionsstau abgebaut sei und große Bauprojekte fertig würden.

Die SPD forderte die Landesregierung auf, endlich eine umfassende Verkehrswende für NRW voranzutreiben. „Die Staubilanz für das Jahr 2019 ist erschütternd. Das Stau-Chaos wird immer schlimmer“, sagte Fraktionsvize Jochen Ott. „Für immer mehr Menschen, insbesondere für Berufspendler auf den Autobahnen, werden die Wege zur Arbeit und zurück zum Stressmarathon und zur Gesundheitsbelastung.“ Der Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke erklärte: „Eine Verkehrswende sieht anders aus und würde am Ende auch die Straße entlasten.“