Gesetzentwurf Passbild vom Amt – Das sagen Fotografen aus Wuppertal und Düsseldorf dazu
Düsseldorf · Ein Gesetzentwurf des Innenministeriums sieht vor, dass ab 2022 Passbilder nur noch unter Aufsicht im Amt entstehen sollen. Fotografen - nicht nur aus Wuppertal und Düsseldorf - befürchten Probleme.
Bisher sind Passbilder ein wichtiges Standbein vieler Fotostudios in Deutschland. Das könnte ab Sommer 2022 wegbrechen. Denn dann sollen die Passbilder nur noch im Bürgeramt erstellt werden. Das sieht zumindest ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums vor. Demzufolge sollen die Bilder unter Aufsicht eines Beamten an einem Selbstbedienungsautomaten direkt vor Ort entstehen, sodass sie fälschungssicher in elektronischer Form in der Behörde verarbeitet werden können. Als weitere Möglichkeit zum Portrait kommen laut Entwurf Tischkameras im Amt in Betracht. Dadurch soll verhindert werden, dass Fotos durch sogenanntes Morphing (siehe Kasten) manipuliert werden können. Viele Fotografen fürchten um ihre Existenz.
„Ich halte da gar nichts von“, sagt der Wuppertaler Uwe Lammer. Seit 2013 führt er ein Fotostudio, dessen Geschäft maßgeblich von Passbildern abhängt. „Es betrifft ja nicht nur die Passbilder, sondern beeinflusst auch die Frequenz der Kundschaft. Wenn die Kunden einmal im Laden sind, kaufen sie vielleicht noch einen Rahmen oder entscheiden sich für Familienfotos.“ Sicherheit könne Lammer längst bieten. „Unsere Maschine könnte die Bilder direkt ans Bürgeramt schicken.“ Diese Idee sei bereits vor dem neuen Gesetzentwurf im Gespräch gewesen. Zudem ist er der Meinung, dass ein bearbeitetes Foto „am Ende erkennbar“ sein sollte.
Der Fotograf Jens Hollmann dagegen hat sich schon vor Jahren umorientiert: „Ich habe das Passbildgeschäft bei der Einführung biometrischer Fotos aufgegeben“, sagt der Düsseldorfer. „Das hat ja auch nichts mehr mit Fotografie zu tun.“ Ein anderer Fotograf, der anonym bleiben möchte, äußert die Vermutung, dass sich die Stadt das Geld für die Fotos selbst in die Tasche stecken könnte. „Da wäre es für die ja besser angelegt als in den Taschen der Fotografen.“
Konzessionen für Fotografen sind nicht vorgesehen
Im Wuppertaler Bürgeramt hatte sich bis 2018 ein Fotograf eingemietet. „Seit wir aber ein reines Termingeschäft eingeführt haben, hat sich das nicht mehr gelohnt“, sagt Jochen Siegfried, der Leiter des Bürgeramts. Während früher die Leute in den Wartezeiten zum Fotografen gingen, haben sie heute die Bilder im Vorfeld machen lassen.
Konzessionen für Fotografen sind bisher nicht vorgesehen. Das erscheint Christian Hamer von Picturepeople „wenig durchdacht“: „Was ist mit bettlägerigen Patienten? Wir haben ein mobiles Team, das in den Alters- und Pflegeheimen fotografiert.“ Auch könne er sich nicht vorstellen, dass Babys auf dem Amt fotografiert werden können. Dazu seien Wärme, Ruhe und Zeit notwendig.
Michael Gleich, der Geschäftsführer der United Imaging Group, vertritt nach eigenen Angaben 95 Prozent der Fotofachhändler. Er meint: „Mit dem Gesetz wird eine ganze Branche ihrer Existenz beraubt.“ Ihm gehe es aber nicht nur um die wirtschaftliche Seite. „Wir sind nicht gegen fälschungssichere Fotos. In Köln gibt es seit 2015 ein Verfahren, in dem mit dem Rathaus zusammengearbeitet wird. Dieses Verfahren könnten wir problemlos in ganz Deutschland anwenden. Aber wir wurden gar nicht gefragt.“
Der Centralverband der deutschen Berufsfotografen hat in der Bemühung um das „Brot-und-Butter-Geschäft“ einen Brief an den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geschrieben. „Bei circa zehn Millionen Passbildern pro Jahr beträgt der Umsatzverlust rund 100 Millionen Euro“, mahnt der Geschäftsführer Hans Starosta an. Arbeits- und Ausbildungsplätze würden folglich wegfallen. Der Verband vertritt die Interessen von 45 000 Fotostudios. Außerdem merkt Starosta an, dass es bereits seit 2014 in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik Konzepte zur elektronischen Bildübermittlung gibt. „Wir wollen konstruktiver Partner sein, aber eine Zerstörung der Existenz der Fotostudios werden wir nicht tatenlos zusehen“, schreibt Starosta. Darüber hinaus sei es problematisch, dass die 177 Millionen Euro für die elf Tausend benötigten Selbstbedienungsautomaten mit erhöhten Passkosten wieder eingenommen werden sollen.