Justus Sleiman von Rhein Fire „Football ist die Sportart, die am offensten und tolerantesten ist“
Düsseldorf · Der 22-Jährige ist bei Rhein Fire von Anfang an dabei, gehört aber nach wie vor zu den Jüngsten im Kader. Sein Weg führte ihn zuvor auch nach Amerika. Trainer Jim Tomsula lobt seine Entwicklung – nicht nur auf dem Feld.
Wenn Jim Tomsula über Justus Sleiman spricht, der bei Rhein Fire bereits in sein drittes Jahr geht, dann stellt er die herausragende Entwicklung des Defensive Tackles heraus. Auf und neben dem Feld. „Er hat hart gearbeitet. Das gibt einem ein gutes Gefühl“, sagt der Head Coach. Und fügt an: „Seine Mutter ist sehr stolz und das sollte sie auch sein.“ Und unschuldig an Sleimans sportlicher Laufbahn ist sie auch nicht.
Denn noch bevor Rhein Fire in der European League of Football (ELF) wieder auflebte, spielte Sleiman jahrelang in der Jugend der Düsseldorf Panther. Der Traum, es in die USA zu schaffen, war natürlich da. Dabei helfen konnte die Non-Profit-Organisation „Gridiron Imports“, die Spieler aus aller Welt an amerikanische Schulen vermittelt.
Und weil es nur ein Sichtungstraining in Berlin gab, wurde der 22-Jährige von seiner Mutter in die Bundeshauptstadt gefahren – morgens hin und abends wieder zurück. „Ich hätte es nicht gemacht“, lacht Sleiman.
Doch es hat sich gelohnt. Der Düsseldorfer bekam die Chance, sich an einer High School in Pennsylvania zu beweisen. Es war im Corona-Jahr 2021, auch deshalb lief bei Weitem nicht alles so, wie man es sich vorstellt. Trotzdem war das eine Jahr eine wichtige Erfahrung: „Für die persönliche Entwicklung war es natürlich der Hammer. Für mich war es super zum Erwachsenwerden.“
2022 folgte die Rückkehr nach Deutschland. Und Rhein Fire war wieder da. Familiär ein großes Thema bei den Sleimans: „Mama war damals immer bei den Rhein-Fire-Spielen, wie auch der Großteil meiner Familie“, erklärt Justus Sleiman. Bei den Panthern lief es zu dieser Zeit nicht besonders, nach einer sieglosen Saison stand ein Umbruch an. Also probierte es Sleiman bei Fire und bekam einen Platz im Kader.
Dabei spielten das professionelle Umfeld und das gute Coaching natürlich eine Rolle. Wobei Tomsula zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht da war. Seine Ankunft, auch als Defensive-Line-Experte, war ein zusätzlicher Gewinn. „Wir haben natürlich einen Positionscoach, aber so was zu wissen, ist super. Das ist geballtes Wissen aus der NFL und wir profitieren alle davon. Die Art und Weise, wie ich spiele, hat sich komplett verändert, seit ich bei Rhein Fire bin“, erklärt Sleiman. Noch immer habe er viele Aha-Momente.
Die Position im Zentrum der Defensive Line ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Es geht nicht darum, stumpf seinen Gegenspieler zu attackieren. Die Line agiert gemeinsam, jeder hat seine Aufgabe. Vom Defensive Tackle braucht es da viel Selbstlosigkeit: „Meine Aufgabe ist, so viele Gegenspieler wie möglich auf mich zu lenken, damit der Linebacker freie Bahn hat“, sagt Sleiman.
Das bedeutet, auch mal stehen zu bleiben und eine Lücke einfach nur zu schließen, obwohl er selbst durchstoßen könnte um dann mit einem Tackle für Raumverlust oder einem Sack zum Helden zu werden. Wenn er dadurch aber einen Weg für die Gegenseite öffnet, kann es auch umgekehrt ausgehen.
„Das ist eine Einstellungssache; entweder man hat es oder man hat es nicht“, sagt Fires Nummer 94. „Wenn Kensy (Linebacker Marius Kensy, Anm.d.Red.) durch die Lücke schießen kann und den Tackle for Loss macht, dann weiß ich, ich habe meinen Job gemacht und dann freuen wir uns zusammen.“
Der Teamgedanke ist Sleiman wichtig. Der fehlte ihm bei Sportarten wie Judo oder Boxen. Fußball war auch nichts für ihn. Im American Football fand er schließlich seine Heimat: „Für mich ist Football die Sportart, die am offensten und tolerantesten ist.“ Für jeden gebe es einen Platz im Team, egal, wo er herkomme und wie er aussehe.
Der Sport ist für Sleiman aktuell der Fixpunkt im Leben, um den herum alles organisiert wird. Also auch das Psychologie-Studium sowie der Job im Fitnessstudio. Zeitlich muss jedes Training machbar sein, davor ist immer die Frage: Was kann er machen, um dort bestmöglich abzuliefern? Wann ausruhen, wann und was essen? Es ist eine enorm professionelle Einstellung.
Vielleicht führt es ihn eines Tages zurück nach Nordamerika. „Den Traum gibt es natürlich immer, da in den großen Ligen zu spielen“, erklärt Sleiman. Und wenn seine Mutter ihm dabei irgendwie helfen kann, dann wird sie es sicherlich tun.