Angler klagen über Krabben-Invasion
Die Wollhandkrabben gedeihen im Rhein prächtig. Angler schlagen Alarm.
Neuss. Hans Platz (59) hat so ein Tier mit gepanzertem Körper, Haaren an den acht Beinen und zwei großen Scheren schon mit seiner Angel aus dem Rhein gezogen. Männchen wiegen 175 Gramm, Weibchen 115. Ausgestreckt ist es bis zu 30 Zentimeter lang. „Die Population wird von Jahr zu Jahr größer“, schimpft der Rheinangler aus Reuschenberg, „die Wollhandkrabbe ist schon bis zur Obererft vorgedrungen.“
Für den Vorsitzenden des Vereins „Angelbiss“ zeichnet sich eine Plage ab: „Dieser Eindringling ist schädlich, weil er bei uns keine Fressfeinde hat und Flora und Fauna immer mehr aus dem Gleichgewicht bringt.“ Die Rede ist von der vor hundert Jahren aus China eingeschleppten Wollhandkrabbe, die stärker ist als die einheimischen Wasserbewohner und bei ihrem Vormarsch rheinaufwärts kleine Krabben und Fische immer mehr zurückdrängt.
Doch es könnte eine Lösung geben: der Kochtopf. Denn was die Rheinangler als Plage empfinden, ist für den chinesischen Gaumen eine Delikatesse. China-Restaurants in Deutschland setzen die Krabbe auf die Speisekarte. Allein: Oft mangelt es am Nachschub.
Davon ist zumindest der Neusser Kaufmann Guy Lin (41) überzeugt: „Der Markt ist da.“ Wenn der Fang im Rhein organisiert werde, wäre der Absatz in die chinesische Gastronomie, so ist Lin überzeugt, kein Problem.
Vermutlich brachten im vorigen Jahrhundert Schiffe aus China das Schalentier mit. Zunächst wurden sie nur in Norddeutschland beobachtet. Doch die Population wird immer größer, breitet sich in Richtung Süden aus. Fischer an der Havel schlagen längst Alarm.
Auch im Rhein gedeihen die Tiere prächtig. Das bestätigt auf Anfrage auch eine Sprecherin der Bezirksregierung in Düsseldorf, die als Untere Landschaftsbehörde für Flora und Fauna im Rhein zuständig ist: „Im Rhein befinden sich derzeit Krebse. Unter anderem ist auch die Wollhandkrabbe in deutlichem Umfang vertreten.“ Von einer Plage könne allerdings nicht die Rede sein.
Diese Einschätzung teilt Susanne Wiertz-Kirchberg, die weiß, dass sich die eingebürgerte Wollhandkrabbe gegen die einheimischen Flusskrebse durchsetzt. Aber für die Diplom-Biologin aus dem städtischen Amt für Umwelt und Stadtgrün ist diese große Krabbe immer noch „relativ selten“. Es bestehe wirklich kein Anlass, Alarm zu schlagen.