(yak) Um Krebspatienten rund um ihre Therapie auch seelisch zu unterstützen, bietet das Rheinland Klinikum ab dem 1. Mai eine App mit dem Namen „Living Well Plus“ an. Dabei handelt es sich um ein hybrides Konzept, eine Kombination aus einem digitalen Trainings-Programm und Einzelgesprächen mit qualifizierten Psychologen. Das bedeutet, Nutzer können Videos, Übungen und Informationen selbstständig und in ihrer eigenen Geschwindigkeit abfragen und bearbeiten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, bis zu fünf Termine für ein 20-minütiges Coaching per Telefon zu buchen. „Diese Gespräche ersetzen natürlich keine Therapie, ergänzen aber das Versorgungsprogramm“, erklärt Annika Meys, die den Psychologischen Dienst im Rheinland Klinikum leitet, zu dem außer ihr noch acht weitere Psychologen gehören. Alles, was benötigt wird, sind ein paar Minuten Zeit und ein ruhiger Ort.
Die insgesamt 22 Lektionen behandeln unter anderem den Umgang mit schwierigen Situationen, emotionaler Belastung und Stress sowie die Frage, wie sich die eigene Genesung mental unterstützen lässt. Die grafische Gestaltung ist klar und übersichtlich, harmonisch in pastelligen Farbtönen gehalten. Durch die einzelnen, aufeinander aufbauenden Kapitel führt eine animierte Figur – je nach gewählter Version männlich oder weiblich. Fragen zum persönlichen Profil und interaktive Elemente wie das Stress-Thermometer machen das Lernangebot passgenauer. In Videos berichten zudem Betroffene von ihren realen Patientengeschichten.
Nach der Pilotphase am Grevenbroicher Elisabethkrankenhaus, wo die App ab dem 1. Mai allen Patienten der onkologischen Ambulanz angeboten wird, soll die Software-Anwendung im Laufe der nächsten Zeit auch an den weiteren Standorten des Tumorzentrums in Dormagen und dem Neusser Lukaskrankenhaus eingeführt werden. „Einige der Inhalte und Übungsangebote in der App würden sicher den meisten Menschen guttun, etwa Methoden zur Stressbewältigung“, findet Ulf Reinhart, Leiter des standortübergreifenden Tumorzentrums. „Aber gerade für Patienten, die mit der seelischen Belastung einer Krebsdiagnose und -behandlung konfrontiert sind, kann es eine Hilfe auf dem Weg durch die Therapie zur Genesung sein.“
Deutschlandweit hat etwa jeder zweite Tumorpatient Interesse an einer psychoonkologischen Unterstützung während der Therapie – so ist der allgemeine Bedarf oft größer als die verfügbaren Kapazitäten. Vor allem in der ersten Zeit nach der Diagnose benötigen viele Betroffene Beistand, um mit der neuen Situation klarzukommen. „Leider ist die allgemeine Versorgungslage im ambulanten Bereich schlecht, und es gibt lange Wartezeiten auf Therapieplätze bei einem Psychologen“, macht Meys deutlich. Vor allem im ländlichen Raum, so Meys, entstünden gelegentlich Versorgungslücken. Die nun im Rheinland Klinikum eingeführte App könne dazu beitragen, diese zu schließen. Sie wurde entwickelt von der Firma Prosoma und ist ein zertifiziertes Medizin-Produkt. Zahlreiche Krankenkassen übernehmen die Kosten, ein Rezept ist in diesem Fall nicht erforderlich. Alternativ können Patienten die App auch als Selbstzahler nutzen.