NRW Keine Rückendeckung aus Frauen-Union
Dormage · Der Vorstand der Frauen Union der CDU spricht der einzigen weiblichen Kandidatin für den Parteivorsitz, Anissa Saysay, die Fähigkeit für dieses Amt ab. Frage: Kann eine berufstätige Frau mit zwei Kindern Parteivorsitzende sein?
Eine Woche vor der Mitgliederversammlung der CDU im Hubertussaal in Straberg, bei der die Christdemokraten einen neuen Vorstand wählen, ist es bei einem Treffen des Vorstands der Frauen Union mit Anissa Saysay zum Eklat gekommen. Saysay bewirbt sich ebenso wie Michael Conrad um den Parteivorsitz. Die Botschaft, die der 40-Jährigen dort sowie bereits bei anderer Gelegenheit vermittelt wurde, lautete im Kern: Wie kann es eine berufstätige Frau mit zwei kleinen Kindern wagen, für den Parteivorsitz zu kandidieren?
Saysay musste nach dem Treffen am Montag, das offenbar eher dem Charakter eines inszenierten Tribunals entsprach, erst einmal kräftig durchatmen. „Ich habe gedacht, ich bin in einem falschen Film.“ Die Politikerin, die schulpolitische Sprecherin der Ratsfraktion ist und bei der Kommunalwahl nur knapp den Einzug in den Stadtrat verpasste, hatte eigentlich um ein Gespräch mit allen Mitgliedern der Frauen Union gebeten. „Ich wollte mich bei ihnen einmal erkundigen, welche Unterstützung die Partei der Frauen Union dabei geben kann, mehr Frauen für Kommunalpolitik zu interessieren, und wie man Interessierte besser unterstützen kann. Dabei hätten die Mitglieder mich auch kennenlernen können.“ Das wäre per Zoom-Meeting möglich gewesen. Doch das wurde ihr vom Vorstand verwehrt. Stattdessen gab es ein Gespräch, an dem Vorsitzende Elke Wölm, die Stellvertreterinnen Barbara Brand und Elke Prosch sowie Carola Westerheide und Bärbel Hoffmann teilnahmen.
Unterstützung der Frauen Union für die weibliche Kandidatin gab es keine. Im Gegenteil. Was dort passierte, darauf war Saysay nach eigenen Worten nicht eingestellt: „Mir wurde unter anderem mitgeteilt, dass ich vor meiner Kandidatur die Erlaubnis der Frauen Union hätte einholen müssen.“ Mehr noch: Ihr wurde offenbar unverblümt mitgeteilt, dass man sie hier nicht haben wolle. Schon einige Tage zuvor hatte sich die 40-Jährige in einem anderen Gremium von einer Partei-„Freundin“ und langjährigen CDU-Politikerin fragen lassen müssen, „wie man denn als berufstätige Frau mit zwei Kindern einen Vorsitz anstreben könne?“ Am Montagabend legte der Vorstand der FU dann richtig nach: Laut Saysay sei sie gefragt worden, wie sie sich denn als Politikwissenschaftlerin bezeichnen könne? Ob sie denn überhaupt ein Buch veröffentlicht habe? „Mir wurde schlichtweg gesagt, ich würde diese Bezeichnung zu Unrecht tragen.“ Die 40-Jährige hat dieses Fach an der Uni Bonn studiert – mit Abschluss.
Das Thema hat auch den Vorsitzenden des Stadtverbandes, Ludwig Dickers, erreicht, der nur noch bis Montagabend im Amt sein wird. Er habe zwar Neutralität zu wahren, sagt er, aber bei ihm sei eine Beschwerde angekommen, bestätigt er. „Ich gehe davon aus, dass es so gewesen ist.“ Dickers wird bei aller Zurückhaltung deutlich: „Die Aufgabe der Frauen Union ist es, Frauen zu fördern – das war am Montag ganz sicher nicht der Fall.“ Und er legt nach: „Wenn es so stimmt, dann stellt sich die Frage, wofür man dann eine Frauen Union braucht?“
Im Vorfeld bekommt die Mitgliederversammlung immer mehr Brisanz und wird zu einem Lager-Duell. Es sieht so aus, als würden die Ratsfraktion und Spitzen von Vereinigungen eher zu Ratsmitglied Conrad tendieren. Saysay hofft auf Unterstützung von Mitgliedern, die noch ohne Funktion sind. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Aussage von Ludwig Dickers, wonach es in den vergangenen Wochen einen unerwartet starken Zulauf bei den Mitgliedern gegeben habe. Die Rede ist von gut 20 Neumitgliedschaften.
Die drei Vorsitzenden, Elke Wölm, Barbara Brand und Sabine Prosch, waren am Dienstag für Nachfragen der Redaktion nicht erreichbar. Immerhin: Einen Tag nach dem Treffen rief eine der beteiligten fünf FU-Frauen bei Saysay an, um sich zu entschuldigen. Allerdings keine aus dem Führungs-Trio.