Berufungsprozess gegen Klima-Aktivistin aus Oldenburg Video-Beweis der Polizei wird Gericht nicht vorgelegt

Grevenbroich · Mit Zeugenanhörungen wurde am Montag der Berufungsprozess gegen eine Klima-Aktivistin fortgesetzt.

Klima-Aktivisten hatten sich im November 2021 in der Nähe des Kraftwerks Neurath an die Gleise der Nord-Süd-Kohlebahn gekettet.

Foto: Kandzorra, Christian

(brh) Der Berufungsprozess gegen eine 25 Jahre alte Klimaaktivistin aus Oldenburg wurde am Landgericht Mönchengladbach fortgesetzt. In erster Instanz am Amtsgericht Grevenbroich war sie zu einer Haftstrafe von neun Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Beim Fortsetzungstermin des Berufungsverfahrens befragten Richterin Ulrike Flecken und Anwältin Anna M. Busl am Montag einen Polizisten und den Leiter der RWE-Werksbahn.

Der 53-jährige Polizist war mit der technischen Einheit aus Wuppertal am 5. November 2021 morgens zur Nord-Süd-Bahn bei Neurath gerufen worden, um dort Klima-Aktivisten, die sich an die Schiene gekettet hatten, von den Gleisen zu holen. Er war beim Einsatz allein für die Dokumentation zuständig, das heißt, er filmte, wie die Kollegen die Aktivisten von den Armröhren befreiten. Als am Abend alle Demonstranten vom Gleis geholt waren, wollte die Einheit wieder abrücken, als sie telefonisch die Anweisung erhielt, die Videoaufnahmen umgehend zum Polizeipräsidium in Aachen zu bringen. Der Zeuge erklärte, er habe die Chipkarte in Aachen auf dem Gang einem Kollegen dort übergeben, aber keine Empfangsbestätigung erhalten. Um so überraschter war er, dass diese Aufnahmen dem Gericht nicht vorlagen. „Wo sind diese Videos geblieben?“ Auf die Frage der Richterin konnte er nur antworten: „Ich weiß es nicht.“ Auch auf die Eingangsfrage, ob er die Angeklagte wiedererkenne, sagte er: „Ich kann mich absolut nicht an sie erinnern.“

Der 56-jährige Leiter der RWE-Werkbahn konnte sich an den Vorfall noch gut erinnern. Am 5. November war er morgens auf dem Weg zur Arbeit, als er angerufen wurde, weil auf dem Tagebaugelände Leute gesichtet worden seien, die in Richtung Nord-Süd-Bahn gingen. Vor Ort habe er dann die Strecke sperren lassen und sich an den Gleisen auf die Suche gemacht. Er habe dann auch drei Blockierer auf den Schienen gefunden. Dann habe es eine Weile gedauert, bis die Polizei vor Ort war. Als Ansprechpartner für die Polizei sei er den ganzen Tag vor Ort gewesen. Die Blockade sei um 20.30 Uhr durch technische Kräfte der Polizei beendet worden.

Eine Belieferung des Kraftwerks Neurath mit Kohle sei nur über die Nord-Süd-Bahn möglich, es habe keine andere Lieferung gegeben. Auf beharrliches Nachfragen der Anwältin gab er zu, dass eine Umfahrung möglich gewesen wäre, indem man in den Altstandort reinfahre und dann einen einspurigen Bypass nehme. Das habe er aber nicht in Erwägung gezogen. Das Verfahren wird fortgesetzt.