Zufallsfund im Internet Grevenbroicherin bringt Ehrenpreis zurück

Wevelinghoven. · Gastwirtin Sandra Schmitz ersteigert Pferde-Skulptur, die 1919 auf der Trabrennbahn in Wevelinghoven als Preis vergeben wurde.

Auf der alten Galopprennbahn hinter der Gaststätte „Erftruhe“ fanden auch spektakuläre Flugshows statt.

Foto: Erftruhe

Hinter der Gaststätte „Erftruhe“ lag einst eine Trabrennbahn, die als eine der schönsten in Deutschland galt. Dort wurden spektakuläre Rennen ausgetragen – und natürlich Preise vergeben. Eine dieser Trophäen ist nun buchstäblich nach Hause gekommen: Sandra Schmitz hat den Ehrenpreis des Rennvereins Wevelinghoven ausfindig gemacht, der 1919 – also vor 101 Jahren – vergeben wurde. „Das ist ein wertvolles Zeugnis unserer eigenen Geschichte“, sagt die Gastwirtin.

Die „Erftruhe“ wurde 1912 unter dem Namen „Sport-Hotel“ von Heinrich Bisdorf gebaut – sie lag direkt an der Trabrennbahn und sorgte für deren Bewirtschaftung. Seinen heutigen Namen erhielt das Gasthaus im Jahr 1929, nachdem das Bäckerehepaar Franz und Karoline Hermanns die am Hemmerdener Weg gelegene Immobilie erwarben. „Das waren meine Urgroßeltern“, sagt Schmitz, die liebevoll historische Dokumente aus der langjährigen Geschichte des Familienbetriebs zusammenträgt.

Sandra Schmitz mit dem schönen Ehrenpreis.

Foto: Wiljo Piel

Dafür durchforstet die Gastwirtin auch regelmäßig das Internet – und wurde jetzt prompt bei eBay fündig: Über die Online-Plattform war sie auf das Bild einer Pferdeskulptur gestoßen, die ihr Interesse weckte. „Ich habe mir das Foto genauer angesehen – und nachdem ich die Gravur im Sockel entdeckt hatte, war meine Leidenschaft geweckt“, schildert Sandra Schmitz. „Rennverein Wevelinghoven – Ehrenpreis 1919“ stand darauf zu lesen.

Für die Chefin des Familienbetriebs stand sofort fest: Das Ding muss wieder nach Hause – egal, was es kostet. Nach einem virtuellen Bietergefecht erhielt sie schließlich für 348 Euro den Zuschlag. „Vom Material her ist die Skulptur das Geld nicht wert – aber für mich zählt der geschichtliche Hintergrund“, sagt Sandra Schmitz. Und sie gibt zu: „Ich hätte auch Vierstellig geboten, damit der Ehrenpreis nach mehr als 100 Jahren wieder nach Wevelinghoven zurück findet.“

Die Skulptur, die zwei Pferde in liebevoller Zweisamkeit zeigt, wurde von einem Händler im oldenburgischen Damme angeboten. Der wiederum hatte sie in einem Antiquitätengeschäft im nicht weit entfernten Ankum erworben. Wie der Guss nach Niedersachsen kam, ist allerdings unbekannt – aber Schmitz will weiter recherchieren, um mehr über den Ehrenpreis zu erfahren.

Hinweise auf den Künstler erhofft sie sich nun vom WDR. Als die Satire-Sendung „Mitternachtsspitzen“ einen Beitrag über „Überschätzte Paare der Weltgeschichte“ zeigte, war in einer Überblendung für eine knappe Sekunde genau die gleiche Skulptur zu sehen, wie sie 1919 in Wevelinghoven vergeben wurde – nur der Sockel war ein anderer. Sandra Schmitz hat bereits Kontakt zum Sender aufgenommen, „vielleicht bekomme ich dort eine heiße Spur“, sagt sie.

Der Ehrenpreis wird in der „Erftruhe“ auch einen Ehrenplatz erhalten. „Wir werden ihn hinter Glas ausstellen“, sagt die Gastronomin. Er passt gut in den neuen Saal, der mit einem Panoramabild ausgestattet wurde, das Erinnerungen an die alte Trabrennbahn weckt.

Die Anlage war 35 Morgen groß und wurde vom Rennverein Wevelinghoven betrieben, der sich am 18. Februar 1913 seine erste Satzung gab. Die rund 600 Mitglieder hatten sich die „Förderung der Traberzucht in der Stadt und der Umgebung“ auf die Fahnen geschrieben. Es wurden Turniere, Dressurprüfungen und Jagdspringen veranstaltet, die – wie historische Fotografien zeigen – ein großes Publikum anzogen. Aber nicht nur Pferde bestimmten das Bild auf der Rennbahn: 1932 wurde dort auch ein großes Flugspektakel mit berühmten Veteranen veranstaltet.

Zwischen 1913 und 1924 stand die Anlage in ihrer vollen Blüte, die Gartenstadt schrieb Renngeschichte – bis Mitte der 30er Jahre der Betrieb eingestellt wurde. Bei einem Bombenangriff wurde die Bahn Anfang 1945 vollständig zerstört. „Dort waren alte Panzer- und Fahrzeugteile abgestellt worden“, erklärt Schmitz den Grund für die Verwüstung. 96 Bombenkrater sind auf einem alten Luftbild rund um die Gaststätte zu sehen. Heute erinnert nur noch der Name „Tribünenweg“ an die glorreichen Zeiten der Wevelinghovener Rennbahn.

Was so nicht ganz stimmt: Ganz versteckt, irgendwo auf dem Grundstück der „Erftruhe“ ist noch das Fundament des ehemaligen Richterturms zu sehen, der damals aus Holz konstruiert wurde. Sandra Schmitz’ großer Traum: „Den würde ich gerne an seiner alten Stelle wieder reproduzieren lassen – als eine weithin sichtbare Erinnerung an die alte Rennbahn.“