Neuss Jürgen Paatz im Clemens Sels Museum: Nicht die Farbe, das Papier ist der Star

Das Neusser Clemens Sels Museum zeigt ältere und aktuelle Werke von Jürgen Paatz. Die Bilder sind untypisch im Oeuvre des Klever Malers.

Jürgen Paatz: Ohne Titel, 1977, Transparentpapier über Karton, Pigmentdispersion.

Foto: Clemens Sels Museum

Neuss. Früher konnte sich Jürgen Paatz nicht recht entscheiden, auf welcher Seite der bildenden Kunst er steht — auf jener der Malerei oder der der Bildhauerei. Mit einem Düsseldorfer Galeristen wäre er wegen dieser Frage beinahe in Streit geraten. Die Villa Romana in Florenz, deren Preisträger und Stipendiat Paatz 1971 war, sortiert den Künstler bis heute als Bildhauer ein. Nicht dass Paatz es bekümmern würde, auch wenn er heute über sich selbst sagt: „Ich bin Maler!“

Jürgen Paatz.Ohne Titel, 2014, Papierarbeit.

Foto: Clemens Sels Museum

Auch bei der für viele Künstler kaum zulässigen, weil zu eindeutigen Positionierung zwischen Farbe und Form hat der 1943 in Wernigerode geborene Künstler sich festgelegt — beides! Was erstaunt, hat der Mann, der seit vielen Jahren in Kleve lebt und arbeitet, sich vor allem mit großformatigen, farbgeladenen Bildtafeln einen Namen gemacht. „Ich komme aus der Monochromie.“

Parallel dazu sind seit den 1970er Jahren — Jürgen Paatz studierte von 1961 bis 1964 an der Düsseldorfer Akademie bei Joseph Fassbender (1903 bis 1974) und Gerhard Hoehme (1920 bis 1969) — immer wieder künstlerische Positionen entstanden, in denen die Farbe scheinbar in den Hintergrund tritt und Formen und Strukturen das Kommando übernehmen.

Zu sehen sind einige dieser eher kleinformatigen Werke von morgen an im Neusser Clemens Sels Museum. Bis zum 31. Januar läuft die Schau „Jürgen Paatz. Papierarbeiten“. Gleichzeitig mit ihr startet die Neusser Kulturnacht, an deren Neuauflage sich 24 Kultureinrichtungen beteiligen. Paatz eröffnet ab 18 Uhr mit einem Künstlergespräch die Sonderausstellung im Grafischen Kabinett.

Dass es bei Paatz ohne Farbe aber auch nicht geht, zeigen die frühen Werke, die wie die späteren ohne Titel auskommen müssen. So hat der Maler bei einem Bild (1977, ohne Titel, Foto) graue Pigmentdispersion auf Pergamentpapier aufgetragen und beides mit den Händen durch verschieben, rücken und falten so bearbeitet, dass eine amorph-fließende Struktur entstanden ist. Malen, die Arbeit auf und mit Papier ist für Paatz im engen Wortsinn Hand-Werk. „Im Ergebnis sehen wir die Verwandlung des Materials“, sagt Uta Husmeier-Schirlitz, Direktorin des Museums.

Eine Umformung, die Paatz auch vornimmt, wenn er Holzpappe mit einem Cuttermesser traktiert, wie er selbst sagt. Die sauberen, fast klinischen Schnitte, die das Werkzeug auf dem Material hinterlässt — das Papier ist wieder der Star — stehen in auf den ersten Blick im krassen Widerspruch zu dessen ausgerissenen Rändern. Durch die Variabilität der Linien, die sich in Tiefe und Länge unterscheiden und die per Ritzung verletzte Oberfläche entsteht Spannung; durch die paarweise Hängung der Bilder (2002) ein Dialog. Aus Material und Farbe.