Kleingartenverein in Kaarst Ein Paradies für Familien und Umweltbewusste
Holzbüttgen. · Schrebergarten – die Welt der Gartenzwerge und der Spießbürger? Ein Besuch in der Kleingartenanlage Holzbüttgerhaus.
Bernd und Ulrike Kampf schreiten die „Via Romana“ hinab. Kurzerhand entscheiden sie sich für einen Kaffee und lassen den Blick in die „Toskana“ schweifen. In Italien ist das Ehepaar allerdings nicht, denn den Blick in „ihre Toskana“ genießen die beiden auf Parzelle 34 in der Kleingartenanlage Holzbüttgerhaus. Dort haben sie sich in 21 Jahren ein kleines, mediterran anmutendes Idyll erschaffen: ein rot-grün gestrichenes Holzhäuschen mit Pergola und wildem Wein, zu dem die kurvenreiche und selbst gepflasterte „Via Romana“
führt.
„Wir haben beim Anlegen auf eine gute Mischung zwischen Nutzgarten, Blumenbeeten und Wiese geachtet“, sagt Ulrike Kampf. Die 68-Jährige und ihr Mann haben für dieses Ergebnis etliche Jahre lang den Garten umgestaltet. „Statt einem ollen Teich haben wir jetzt ein hervorragendes Gemüsebeet“, sagt Bernd Kampf und nickt zufrieden. Dort gedeihen Zucchini, Erbsen, Tomaten, Gurken und Radieschen, „obwohl Radieschen gar keiner von uns mag“, sagt die Tochter der Kampfs, Bettina Hackbarth, meint es aber trotz erbostem Blick der Mutter liebevoll. Radieschen würden einfach „gut gehen“, rechtfertigt Ulrike Kampf den Anbau.
Die Familie hat ein gutes Verhältnis zueinander und trifft sich gerne im Garten. Vor allem Enkel Moritz schaut oft vorbei. Er kennt die besten Verstecke, „ertrüffelt“ schnell die reifen Früchte und hat im Garten so einige Spuren hinterlassen. Und dazu zählt nicht nur das große Trampolin auf der Wiese. „Ich helfe auch gerne dabei, den Garten zu verschönern“, sagt der Achtjährige. Aus einem alten Lattenzaun hat er gemeinsam mit seinem Opa Regenbogenblätter gebastelt, die nun die Terrasse zieren. „Ich bin einfach gerne draußen“, sagt Moritz.
Auch der Kleingartenverein Holzbüttgerhaus stellt zunehmend fest, dass der Weg zurück zur Natur wieder im Trend liegt: Inzwischen stehen acht Anwärter auf der Warteliste für einen Kleingarten.
Hobbyimkerin produziert
120 Kilogramm Honig pro Jahr
Ein paar Gartenzäune weiter von den Kampfs liegt die Parzelle von Brigitte Schafhausen. Auch ihre Parzelle hat sich in den neun Jahren verändert – beziehungsweise vielmehr ihre Bewohneranzahl. Denn vor rund fünf Jahren hat die 67-Jährige ein neues Hobby für sich entdeckt: Sie ist Imkerin. Rund 120 Kilogramm Honig stellt sie im Jahr mit ihren sechs Völkern her. „Die Mitglieder freuen sich immer über ein Glas Honig aus dem eigenen Garten“, sagt Schafhausen.
Der Einsatz von Pestiziden und Insektiziden ist auf der ganzen Anlage untersagt. Schafhausen achtet noch einmal besonders darauf, dass es in ihrem Garten genug Nahrung gibt. „Am liebsten mögen die Bienen wilden Klee oder Kräuterblüten“, sagt die Imkerin. Den Rasen mäht sie deshalb nur gelegentlich und lässt auch Ecken mit Gehölz als Rückzugsorte für andere Insekten bestehen – „hier herrscht geordnete Unordnung“. Eine kleine bienenfreie Zone, die erlaubt sich Schafhausen in ihrem Garten aber auch. Rund um die Terrasse hat sie einige Zierpflanzen in die Kübel gepflanzt. „Die haben keine Pollen und ziehen die Bienen nicht so sehr an“, sagt sie. Auch im Garten der Kampfs spielen Blumen eine große Rolle. Am Wegesrand der „Via Romana“ gedeihen üppige Rosen, Dahlien und Phlox. Letzteren hat Ulrike Kampf noch aus dem Schrebergarten ihrer Mutter aus Sachsen mitgebracht.
Bereits ihre Großeltern hatte dort einen eigenen Schrebergarten. Und auch Tochter Bettina Hackbarth fühlt sich mit der Kleingartentradition ihrer Familie verbunden: „Ich denke, irgendwann werde ich den Garten übernehmen – ich kann gar nicht anders.“
Als Kind dachte Autorin Marie Ludwig, dass es „Strebergärten“ anstelle von „Schrebergarten“ heißen würde. Während ihrer Recherche ist sie allerdings auf keinen Streber gestoßen.