Jugendfußball: Nur die Vereine schalten auf stur
Vor einem Jahr fiel beim SSV der Startschuss für das neue Förderkonzept Jugendfußball.
Neuss. Dass der Fußball in Neuss seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, ein trauriges Schattendasein führt, ist kein Geheimnis. Daran etwas zu ändern, fällt schwer, scheinen die Strukturen doch gerade auf Funktionärsebene längst zu verkrustet. Dennoch wollte der Stadtsportverband (SSV) die Flinte nicht ins Korn werfen und glaubte vor einem Jahr, einen Lösungsweg gefunden zu haben.
„Das kann aber nur funktionieren, wenn man ganz unten anfängt: bei den Grundschülern zwischen sechs und zehn Jahren“, erinnert Klaus Becker, 2. Vorsitzender des SSV, an die Ausgangslage. Mit Wolfgang Maes wurde ein ausgewiesener Fußballfachmann eingestellt, der vor allem eines tun sollte: in den Offenen Ganztag gehen, Kinder ausbilden und im Optimalfall einem Verein zuführen.
Die Veränderungen in der Schullandschaft haben die Problematik für die Klubs verschärft, denn Kinder haben kaum noch die Zeit, sich einem Verein anzuschließen. Und wenn doch, dann gehen sie zum SC Kapellen. „Dort wird eine erstklassige Arbeit geleistet. Das kommt in Neuss nicht gut an, aber es bringt auch nichts, zu schmollen“, sagt Becker.
Ungeachtet dessen zieht Becker nach dem einjährigen Versuch, Grundschüler an den Fußball heranzuführen, ein positives Fazit: „Wir waren quasi ausgebucht. Wolfgang Maes hat in diesem Zeitraum 140 Kinder trainiert. 20 Prozent davon waren Mädchen, und die konnten leistungsmäßig voll mithalten.“
Da das zur Verfügung stehende Zeitfenster mit dreieinhalb Stunden am Nachmittag eingeschränkt sei, hätten einige Anfragen nicht befriedigt werden können. Als Erfolg wertet Becker die erstmals durchgeführte Schulmeisterschaft mit zwölf Mannschaften. Darüber hinaus wurde für einen Träger ein einwöchiges Trainingscamp mit 26 Kindern im Jahnstadion durchgeführt.
„Das Fußballangebot im Offenen Ganztag ist mittlerweile ein Kriterium für Eltern, ihre Kinder an einer bestimmten Schule anzumelden, das weiß ich von der Görresschule“, sagt Becker, der den Wettbewerb unter den Schulen im Sinne des Fußballs begrüßt.
Nicht ganz so erfolgreich sei das Angebot an die Vereine gewesen, Trainer oder auch Eltern von Maes ausbilden zu lassen. „Die Resonanz bei den Vereinen liegt bei rund 50 Prozent. Insbesondere auf Funktionärsebene wird das Angebot kaum zur Kenntnis genommen“, klagt Becker.
In einem nächsten Schritt sollen die Fußballcamps in den Ferien ausgedehnt werden, Becker träumt sogar schon von einer richtigen Fußballschule in Neuss. „Zunächst einmal müssen wir uns aber mit dem Erreichten zufrieden geben“, so der 2. Vorsitzende des SSV. Dazu zähle auch, dass sich von den 140 Kindern 20 einem Verein angeschlossen hätten, so Becker.
Bis der vorläufig letzte Schritt, diese gut ausgebildeten Kinder in einem Neusser Ankerverein zu bündeln, der sich dann auch in der Niederrheinliga etabliert, erreicht ist, dürften in Neuss aber noch ein paar Jahre vergehen.