Kultur in Meerbusch John von Düffel liest im Alten Küsterhaus

Meerbusch · Der bekannte Autor ist am Samstag in der Büdericher Kulturstätte zu Gast, liest aus seinem vor mehr als 20 Jahren erschienen Debütroman und erzählt von seiner Leidenschaft für das Wasser.

John von Dueffel in der Mediothek.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Bereits zum zweiten Mal kommt der Autor John von Düffel zu einer Lesung ins Alte Küsterhaus. Nach seinem neuesten Buch „Das Wenige und das Wesentliche“ (2022) stellt er nun seinen Debütroman „Vom Wasser“ vor. Von Kritik wie Lesern hochgelobt, ist das 2000 erschienene Buch nicht sein einziges, das er dem nassen Element widmete. In „Wasser und andere Welten“ (2002) erzählt er „Geschichten vom Schwimmen und Schreiben“. Zwei Aktivitäten, die zu Säulen seines Lebens wurden. John von Düffel ist ein leidenschaftlicher Schwimmer. „Eine tiefe Passion, die ich mit Isabelle von Rundstedt teile“, berichtet er. „Wir haben beide das Gefühl, dass wir noch eine offene Wasserrechnung miteinander haben. Das ist auch der Grund, warum ich jetzt wieder herkomme.“

Die Leiterin des Alten Küsterhauses und der Autor lernten sich bei einem Workshop kennen, den John von Düffel im Rahmen des Salonfestivals gehalten hatte. Er schätzt diese auch im Düsseldorfer Raum stark vertretene Plattform für Literaturvermittlung sehr. „Sie erzeugt eine Art von Nahbarkeit, wie ich sie auch bei meinen Lesungen spüre“, sagt er. „Eine wichtige Erfahrung, die für einen Schriftsteller dazugehört. Was erreicht die Leser? Was kommt zurück? Erst wenn ich durch diese Gespräche gegangen bin, kann ich mein Buch einschätzen.“

Der Autor bewältigt ein unglaubliches Pensum. Er ist Dramaturg am Deutschen Theater in Berlin und Professor für Szenisches Schreiben an der Akademie der Künste. Neben 16 Büchern schrieb er zahlreiche Hörspiele und Theaterstücke. Er bearbeitete Stoffe wie „Die Buddenbrooks“, „Der Schimmelreiter“ oder „Joseph und seine Brüder“ für die Bühne – diese herausragende Inszenierung war 2009 in Düsseldorf zu sehen. Lauter Schwergewichte. Was reizt ihn an dieser Herausforderung? „Die Tiefe“, antwortet John von Düffel. „Ähnlich wie beim Wasser, in das man ein- und untertauchen kann. Wenn man unterwegs ist in dieser großen Literatur, kann man vieles entdecken, was einem vorher nicht bewusst war. Wie bei einem Tauchgang, der eine neue Dimension erschließt.“

Bei so deutlichen Anspielungen wird es Zeit, auf die Ursprünge des Schwimmens zurückzukommen. John von Düffel, 1966 in Göttingen geboren, der Vater Professor für Anglistik und Literaturwissenschaft, die Mutter Philosophin, lebte mit seinen Eltern in Irland und South Dakota, studierte Germanistik, Philosophie und Volkswirtschaft in Freiburg und Schottland. Wann und wo hat es bei ihm begonnen mit der Faszination des Wassers?

Umgezogen, um Seen
vor der Haustür zu haben

„Es war eine frühe Verwurzelung“, sagt er. „Ich kann mich an keine Phase meines Lebens erinnern, in der das Wasser nicht eine große Rolle gespielt hätte. Die ständigen Ortswechsel haben mich diesem Element noch näher gebracht. Es war so etwas wie eine Art Nachhausekommen in den unterschiedlichsten Landschaften.“

John von Düffel ist mächtig abgehärtet. Er sei extra von der Berliner Stadtmitte nach Potsdam gezogen, um Seen vor der Haustür zu haben. „Ich bin nicht zugereist, sondern zugeschwommen“, scherzt er. „Von April bis Mitte November gehe ich Wasser, im Winter notgedrungen in die Halle.“ Was lockt ihn mehr, ein See oder ein Meer? „Im See ist es schön, weil man keine unliebsamen Überraschungen erlebt“, sagt er. „Das Meer verbindet beides, das Schöne und das Gefährliche. Die Angst und das Glück wohnen hier sehr nah beieinander. Man ist abhängig vom Wetter, von Strömungen, von Ebbe und Flut.“ Schon deshalb werde er mit dem Thema so schnell nicht fertig. „Immer gibt es dazu etwas zu erzählen an Poetischem und Abgründigem. Das Meer ist nie gleich, ein Element der Verwandlung. Beim Schwimmen kann es gerade noch glitzernd und strahlend blau sein. Zieht eine Wolke vorüber, schimmert es schwarz.“ Eindrücke, die ihn dazu inspirieren, sie in Wort und Schrift festzuhalten.

Sein Werk weist eine enorme Bandbreite auf, von federleicht und heiter bis tiefgründig und ernst. Kommen die Stoffe auf ihn zu oder sucht und gräbt er danach? „Ich habe nie das Prinzip verfolgt, aus mir eine Marke zu machen“, sagt John von Düffel. „Was mir begegnet und was mich interessiert, nehme ich an. Ich traue mich ins kalte Wasser - womit wir wieder beim Schwimmen wären. Und auch hier gehört Vertrauen dazu. Eine Neugier, was das mit einem macht. Und die Lust auf die Herausforderung.“

Der Mut, sich nicht schützen zu wollen und mit der Angst umzugehen, sei Teil seines Arbeitsprinzips: „Jeder Mensch trägt verschiedene Facetten in sich. Daraus ergibt sich automatisch, nicht auf ein Thema fixiert zu sein.“ Eine willkommene Zweigleisigkeit. „Das Schreiben ist eine einsame Angelegenheit“, sagt John von Düffel. „Dagegen ist das Wechselspiel am Theater mit Regisseuren und Schauspielern wesentlich vitaler und geprägt von einer sozialen Kreativität. Ich bewege mich gern zwischen diesen beiden Welten.“ Anders als beim Schreiben sei er als Theaterdramaturg oder Dozent nicht sein eigener Chef, sondern in einen vielschichtigen Komplex eingebunden. Die Bewältigung dieser unterschiedlichen Aufgaben erfordere Struktur und Disziplin, räumt er ein.