Dalmatiner—Dame Nelly sorgtin Lank für 101 Lächeln

Cordula Scholz bringt ihre Hündin oft mit ins Seniorenwohnheim in Lank-Latum. Die Bewohner haben das Tier ins Herz geschlossen.

Foto: Falk Janning

Sie ist 95 Jahre alt, in Düsseldorf geboren und hat ihr Leben dort verbracht. Schule, Ehe, Arbeit — alles spielte sich immer in Düsseldorf ab. Sie hat ihre fünf Brüder überlebt und ihren Mann. Seit einem Jahr wohnt Klara Spies jetzt in Lank-Latum. Sie ist in den dortigen Malteserstift getauscht. „Hund, Katze, Kaninchen, wir sechs Kinder, Hühner, bei uns war immer Leben im Haus“, erinnert sich die alte Dame. „Hier ist es schön, aber eben nicht mein Zuhause.“ Aber wenn es Klara Spies nicht gut geht, wenn sie sich einsam fühlt, meint, nicht mehr gebraucht zu werden, ist Nelly da. „Nelly ist wie ein Freund, sie kann ich auch mal drücken und sie ist so eine Liebe.“

Nelly ist sechs Jahre alt, ziemlich verfressen und extrem gutmütig. Nelly ist eine Dalmatinerhündin. Das Tier ist der heimliche Star der Pflegestation „Weidenweg“. „Am Anfang habe ich Nelly nur stundeweise mit zur Arbeit gebracht, um zu sehen, ob das klappt“, erzählt Cordula Scholz. Mittlerweile ist die Hündin fast immer dabei, wenn die examinierte Altenpflegerin ihren Dienst antritt. Die 34 Bewohner des Weidenwegs kennen das Tier, Nelly darf mit in die Zimmer. Sie ist dabei, wenn Cordula Scholz ihre Runde macht, die Menschen gewaschen, angezogen, versorgt werden. Viele sprechen mit ihr, streichen ihr über das Fell. „Ich habe gemerkt, dass der Hund die alten Leute zum sprechen bringt“, erklärt Cordula Scholz. Viele würden dann von früher erzählen, von ihren eigenen Hunden, aus ihrem Leben. „Manche erzählen drei Mal hintereinander dieselbe Geschichte, weil sie vergessen, dass ich die schon kenne, aber das macht nichts“, sagt sie.

Wenn Cordula Scholz mit ihrem Hund über den Flur läuft, huschen viele Hände über Nellys Fell, der Dalmatiner lässt es geschehen. Nelly ist kein Schoßhund, aber gutmütig. Sie kennt den Arbeitsablauf und die Menschen hier. „Ein Hund gehört hier für viele Bewohner zum Alltag, Nelly gibt ihnen ein Gefühl von Normalität“, so die Pflegerin. Einmal sei es einer Bewohnerin sehr schlecht gegangen. „Die Frau war tief traurig, Nelly hat das gemerkt, ihren Kopf auf die Beine der Frau gelegt. In dem Moment war da so eine Verbundenheit, so eine Ruhe.“

Ein Lächeln huscht über Edith Königs Gesicht, als sie Nelly erblickt. Ihr Zimmer ist gemütlich eingerichtet, hell, überall stehen gerahmte Fotos. Die 92-Jährige sitzt auf ihrem Bett und liest Zeitung. „Ich finde das schön, wenn Nelly mitkommt“, sagt sie mit norddeutschen Akzent. „Ich habe gerne Trubel um mich, Nelly ist so lebendig.“ Nelly hat im Haus viele Spitznamen, Bella, Flecki, Bewohnerin Karin Rösch nennt den Hund Hilfsschwester Nelly. Ingrid Thiede ist bettlägerig. Sie streichelt den Dalmatiner und strahlt, als er den Kopf auf ihre Bettkante legt. „Nelly erinnert mich an mein Zuhause, ich hatte immer einen Hund, zuletzt einen Afghanen“, erzählt die 72-Jährige. „Wenn es nach mir ginge, könnte Nelly den ganzen Tag bei mir bleiben.“ Dann hebt sie den Kopf, blickt kurz auf und lacht: „Oder hier einziehen.“