Interview Angelina Pütz „Unser Studio ist ein safe space“

Meerbusch · Interview Angelina Pütz

Seit einem Jahr führen Claus und Angelina Pütz Meerbuschs erstes Tattoo-Studio.

Foto: RP/Dominik Schneider

Seit rund einem Jahr gibt es mit Eternal Eclipse in Büderich das erste Tattoostudio von Meerbusch. Angelina Pütz hat sich hier, unterstützt von ihrem Mann Claus, selbstständig gemacht. Ihr Studio besteht aus einem kleinen, hellen Raum, voller Bilder und Figurinen, mit asiatischen Lampions an der Decke. Pütz allergiefreier Hund Sunny begrüßt die Kunden, es duftet angenehm. Das Eternal Eclipse verströmt eine ganz andere Atmosphäre als man sie sich von einem Tattoo-Studio vorstellen würden. Ein Image, dass Pütz bewusst pflegt.

Frau Pütz, ein Jahr Tattoo in Meerbusch – wie läuft es bisher?

Angelina Pütz: Es ist uns in dieser Zeit sehr gut ergangen. Wir wurden von den Büderichern freundlich aufgenommen, viele sagen, dass ein solches Konzept hier gefehlt hat. Ich glaube, unser Konzept passt gut zum Standort.

Wie würden Sie dieses Konzept definieren?

Pütz: Wir sind ein Safe Space, wir sind privat. Wer hier her kommt, ist der einzige Kunde. Bei uns läuft keine laute Musik, man ist für sich. Außerdem ist das Design deutlich heller und freundlicher als man es sich vielleicht von klassischen Tattoo-Studios erwartet. Wir haben dieses Konzept natürlich nicht erfunden, der Trend in der Branche geht in diese Richtung, weg vom – in Anführungszeichen – bösen Image.

Ein Stil, der sich auch in Ihren Tattoos wiederfindet.

Pütz: Ja. Ich steche hauptsächlich Tier- und Pflanzenmotive oder Figuren als Filmen oder japanischen Animes. Das Ganze ist sehr fein, sehr verspielt und auch feminin.

Sie haben bei der Eröffnung gesagt, dass sie einen Fokus Ihrer Arbeit auf junge Frauen legen wollen. Wie gestaltet sich Ihre Kundschaft nach einem Jahr?

Pütz: Wir haben im Laufe der Zeit mehr männliche Kunden bekommen, aber nach wie vor eine höhere Frauenquote. Auch unser Radius hat sich erweitert, durch Mund-Propaganda, unseren Auftritt in den Sozialen Medien und auch durch Auftritte auf der Tattoo-Convention. Unsere Kunden kommen inzwischen auch aus Koblenz, Paderborn oder Hannover nach Büderich.

Und es gibt auch Kunden aus Meerbusch?

Pütz: Natürlich. Hier – wie überall sonst – gibt es immer mehr tätowierte Menschen. Aber man merkt auch einen Unterschied. Die Meerbuscher wollen selten den ganzen Rücken voll haben.

Generell: Können Sie die Menschen, die zu Ihnen kommen, charakterisieren?

Pütz: Schwer. Viele Kunden sind jung, häufig in ihren 30ern. Aber auch in den höheren Altersklassen wird es mehr – wir hatten auch eine 75-Jährige, die sich bei uns ihr erstes Tattoo hat stechen lassen. Das war ein Ginko-Blatt, welches auch Teil unseres Logos ist, das hat mich besonders gefreut. Aber es kommen auch viele Mütter zu uns, deren Töchter sich haben tätowieren lassen, und die es jetzt auch wollen.

Unterscheidet sich ein Tattoo bei einem 50- oder 60-jährigen Kunden von einem 20--Jährigen?

Pütz: Die Motivwahl bleibt gleich, aber beim Stechen selbst muss man vorsichtig sein. Ältere Haut verhält sich naturgemäß anders als jüngere.

Man hat den Eindruck, dass das Tattoo immer gesellschaftsfähiger wird.

Pütz: Das erleben wir auch so. In sozialen Berufen ist es ja schon länger Gang und Gäbe, tätowiert zu sein. Aber unsere Kunden gehören zu allen Schichten, wir haben auch Juristen und Mediziner. Die achten natürlich in aller Regel darauf, dass sich das Motiv gut verdecken lässt.

Gibt es auch Kundenwünsche, zu denen Sie Nein sagen?

Pütz: Auf jeden Fall. Ich tätowiere zum Beispiel grundsätzlich – auch wenn es erlaubt wäre – keine Minderjährigen. Und auch, wenn eine 20-Jährige zu mir kommt und ihr erstes Tattoo am Hals oder auf den Fingern will, rate ich stark ab. Mit einem Tattoo trifft man eine Lebensentscheidung, und gerade im jungen Alter kann sich am Lebensplan noch so viel ändern, wo ein solches Tattoo zum Problem werden kann. Sichtbare Tattoos bei Flugbegleitern sind zum Beispiel erst seit letztem Jahr erlaubt.

Wie steht es mit Motiven?

Pütz: Auch da habe ich No-Gos. Alles, was beleidigend ist, politische oder sexistische Motive – da sage ich nein.

Sie stechen viele Charaktere aus Filmen oder Comics – wie sieht es da mit dem Copyright aus?

Pütz: Das ist tatsächlich eine Grauzone, wenn solche Motive auch in Deutschland weit verbreitet sind. Bisher gab es zumindest keine Klagen deswegen.

Auf welche Motive sind sie besonders stolz?

Pütz: In dem einen Jahr habe ich so viele Tattoos gestochen, dass ich tatsächlich den Überblick verloren habe. Viele bleiben im Gedächtnis. Eine Kundin wolle ein Schälchen mit Aioli gestochen haben. Eine andere kam mit der Idee eines Axolotl auf einem Skateboard – drunter steht „To the Maxolotl“. Ich glaube, mein Lieblingsmotiv ist eine kleine, winkende Katze, eine sogenannte Maneki-Neko, mit einem Daruma, einem japanischen Glücksbringer.

Sie tätowieren sowohl in Farbe wie auch in Schwarz und Weiß. Anfang des Jahres gab es ein Verbot einiger Pigmente, die im Verdacht standen, krebserregend zu sein. Hat Sie das getroffen?

Pütz: Die ganze Branche war davon betroffen – für einige Zeit standen nur sehr begrenzt Farben zur Verfügung. Wir sind schon Monate vorher, als sich das Verbot abzeichnete, auf Schwarz und Weiß umgestiegen. Die Hersteller haben sich auf die neuen Vorgaben eingestellt, aber wir wollten unbekannte Farben nicht direkt am Kunden ausprobieren und haben daher gewartet. Inzwischen ist alles wieder beim Alten, aber der Trend geht ohnehin wieder zu Schwarz und Weiß.

Wie haben die Kunden in dieser Situation reagiert?

Pütz: Sehr unterschiedlich. Einige haben ihr Wunsch-Tattoo noch schnell stechen lassen, so lange es möglich war, andere wurden schon abgeschreckt.

Sie haben im vergangenen Jahr in der Branche von sich reden gemacht.

Pütz: Ja, wir werden zum Beispiel im Buch „Tattoo Elite - Die besten Tätowierer und Studios in Deutschland“ erwähnt. Das macht uns sehr stolz.

Ihr Studio sieht ein bisschen aus wie ein Wohnzimmer.

Pütz: Genau. Ich versuche, mit meinem feinen Stil ein bisschen Persönlichkeit auszudrücken, und diese Persönlichkeit spiegelt sich auch im Arbeitsumfeld. Ich kann es nicht lassen, hier zu dekorieren, zu gestalten, umzuräumen. Das trägt auch dazu bei, dass sich die Kunden hier wohl und persönlich behandelt fühlen.

Und an Kunden mangelt es Ihnen nicht.

Pütz: Auf keinen Fall. Aktuell beträgt die Wartezeit auf einen Termin rund sechs Monate. Das ist in der Branche nicht unüblich. Manche Kunden machen sich einen Termin, ohne ein Motiv im Kopf zu haben – die Idee kommt dann während der Wartezeit.