"Gespräche werden Wochen dauern"

Oliver Keymis prognostiziert Große Koalition, Nicole Niederdellmann-Siemes wartet ab.

Meerbusch. Es war eine lange Nacht im Landtag - auch für Oliver Keymis. Um 2.19Uhr wusste der grüne Abgeordnete, dass das Wahlergebnis für eine rot-grüne Mehrheit nicht reicht. "Das Ergebnis ist furchtbar", urteilte er am Morgen danach.

"Wahrscheinlich gibt es eine Große Koalition, und das ist nicht das, was wir wollten. Fürs Land wäre sie eher lähmend." Dass es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Grün reiche, liege jedoch an der Schwäche der Großen. "Wir haben unser Ergebnis erzielt."

Nur knappe 6200Stimmen liegt die CDU vor der SPD. Das schockt - und lässt Lutz Lienenkämper, als Verkehrsminister Teil der Landesregierung, gestern schweigen.

Mit Spannung erwartet Oliver Keymis, der in Meerbusch mit satten 13Prozent der Erststimmen ein sehr gutes Ergebnis erreicht hat, die Entwicklung der nächsten Tage. "Die SPD ist jetzt am Zug."

Hannelore Kraft müsse erklären, wie sie zur Linken stehe, dann müssten die Grünen sich positionieren. "Ich kenne die Personen nicht, aber das Programm geht gar nicht." Ausgeschlossen seien Gespräche deshalb jedoch nicht. "Ausgeschlossen haben wir nur Jamaika (schwarz-gelb-grün) und eine Tolerierung durch die Linken", bekräftigt Keymis.

Mit einer schnellen Regierungsbildung rechnet er nicht. "Die Gespräche werden Wochen dauern." Immerhin gibt es einen Rahmen: Am 9.Juni wird der neue Landtag mit einer Mehrheit links von der CDU zusammentreten, am 23.Juni soll laut Plan der Ministerpräsident gewählt werden.

"Es ist die Frage, ob dieser Termin gehalten werden kann. Vielleicht bekommen wird hessische Verhältnisse", spekuliert Keymis in Anspielung auf die monatelange Hängepartie nach der Wahlniederlage von Roland Koch im Jahr 2008, als Andrea Ypsilanti eine rote Regierungsbildung letztlich misslang. "Vielleicht haben wir eine geschäftsführende Minderheitenregierung, die bis zum 9.Juni ohne Blessuren regieren kann. Danach wird es parlamentarisch unterhaltsam."

Keymis’ freut sich auf die neue grüne Fraktion, die sich auf 23Abgeordnete verdoppelt hat - allesamt Abgeordnete, die kommunalpolitisch verankert seien. Ein Jurist ist dabei, ebenso eine Elektroingenieurin. "Es wird eine tatkräftige, interessante Truppe, die fest im Leben steht." Arbeit gibt es für alle genug: Allein 21Ausschüsse waren im aktuellen Landtag von den elf Abgeordneten zu besetzen.

Auf ein Nachrücken in den Landtag kann Nicole Niederdellmann-Siemes nicht mehr spekulieren. 43 SPD-Politiker stehen vor ihr auf der Landesliste. "Aber wir freuen uns natürlich, dass Fritz Behrens den Sprung geschafft hat."

Mit ihrem persönlichen Ergebnis - knapp 24Prozent in Meerbusch - kann sie "total gut leben". Die SPD sei aus dem Keller gestartet, habe sensationell aufgeholt und sich auch nicht von der rot-rot-grünen Angstpropaganda der CDU irritieren lassen.

"Es hat sich bemerkbar gemacht, dass wir von Haus zu Haus gegangen sind", sagt Niederdellmann-Siemes mit Blick auf ihren Wahlkreis. Jetzt gelte es, sehr genau hinzuschauen und auf Landesebene den Partner zu finden, mit dem man "beste Bildung und ein starkes NRW" erreichen könne. Sie wage keine Prognose zur Regierungsbildung: "Im Moment sehe ich, dass es schwierig wird."

Spektakuläre Ergebnisse jenseits der hohen Verluste der CDU und der Verdopplung des Stimmenanteils bei den Grünen sind in Meerbusch nicht verzeichnet. Die FDP hat wenigstens auf Stadtebene ihr Ziel erreicht und ein zweistelliges (12,8%) Ergebnis erzielt.

Die Linke hat in Meerbusch 927 Stimmen erhalten, die Piraten 445. Unter den Sonstigen haben Pro NRW (223Stimmen), das Zentrum (167) oder auch die Tierschutzpartei (139) Wähler gefunden. Positiv: 28595 von 41209Wahlberechtigten haben in Meerbusch ihre Stimme abgegeben, knapp 70Prozent.

Während die Politiker in Bund und Land noch nach einer Regierungsmehrheit suchen, plant die Junge Union Meerbusch am Tag nach der Wahl schon die erste Aktion. Sie bittet die JU-Kollegen auf Landesebene, "bereits jetzt alle nötigen Vorbereitungen für die Organisation eines Volksbegehrens zum Erhalt der Gymnasien beziehungsweise des dreigliedrigen Schulsystems in NRW zu ergreifen, um im konkreten Fall diesen Kampf zügig aufnehmen zu können".