Gutes tun mit aussortiertem Essen

Jörg Schwirz findet, dass viel zu viele Lebensmittel verschwendet werden. Das Essen soll lieber an die Tafel gehen.

Foto: Christoph Reichwein

Meerbusch. Schrumpelige Kartoffeln, stark gekrümmte Gurken oder dreibeinige Möhren — das Gemüse auf den Feldern wächst nicht immer so, wie es sollte. Ist dies der Fall, können die Landwirte die Ware nicht weiterverkaufen. Was unter optischen Kriterien durchfällt, wird aussortiert, landet im Kompost oder wird untergepflügt. „Eine riesige Verschwendung“, sagt Jörg Schwirz.

Beim üblichen Abendspaziergang mit dem Hund fiel dem Osterather an einem Feld auf, dass dort Unmengen an Kohlrabi-Knollen herumlagen und nicht abgeerntet wurden. Zusammen mit Freunden sammelte er das Gemüse ein. Etwa zwei Tonnen Kohlrabi kamen dabei zusammen und werden jetzt an die Neusser Tafel gespendet.

„Ich habe mehrere Meerbuscher Landwirte gefragt, ob wir das Gemüse ernten dürfen, was sie ansonsten vernichten würden“, berichtet Schwirz. Die Aktion kam gut bei den Landwirten an, zumal sie im Schnitt nur rund 70 Prozent der Knollen ernten, wie ein Landwirt angab. So standen am Sonntag Schwirz und rund 15 Helfer auf dem Feld, bückten sich nach unförmigem Kohlrabi.

Unter dem Motto „Bedürftigen helfen“ konnte Schwirz viele Nachbarn und Freunde für die Aktion gewinnen, die selbst wiederum Bekannte überzeugten: „Ich bin froh, mich engagieren zu können. Man hat sich so daran gewöhnt, nur beim Anblick von perfektem Essen zuzugreifen“, sagt Helferin Antje Eggers. „Dabei schmeckt gespaltener Kohlrabi genauso gut.“

Schwirz ist froh, dass seine Aktion bereits so große Resonanz gezeigt hat: „Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Menschen dazustoßen würden.“ Denn die Initiative gegen die Lebensmittelverschwendung sei auf Dauer angelegt.

„Alle Bauern haben mir per Handschlag versprochen, mich zukünftig zu informieren, sobald Kohl oder Möhren weggeworfen werden müssten“, sagt der Osterather. Nicht alle Kohlrabi-Köpfe sehen wie gemalt aus, sind aber genauso gesund und lecker wie formvollendete. Zudem spendierte ein Landwirt 1,5 Tonnen Kartoffeln.

Überfluss ist ein weiterer Grund, weshalb Lebensmittel nicht verwertet werden. Dass dies ein globales Problem ist, betont Schwirz. Zudem wollen auch viele Endverbraucher nur „schönes Gemüse“ kaufen. Geprägt wurde dies womöglich auch durch die „Gurkenverordnung“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 1988. In ihr sind Güteeigenschaften für das grüne Gemüse je nach Klasse detailliert vorgeschrieben.

Doch die Verordnung sowie weitere Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse wurden 2009 von der Europäischen Kommission abgeschafft. Nur für zehn Sorten sind spezielle Normen weiterhin formuliert, etwa für Äpfel. Großhändler legen inzwischen ihre eigenen Normen fest. „Ich glaube, viele Menschen sind gar nicht so wählerisch und würden auch nicht so schön geformten Kohl kaufen“, sagt Jörg Schwirz.