„Kurzer Prozess“ jetzt auch in Neuss

Straftäter müssen jetzt auch in Neuss mit einem „kurzen Prozess“ rechnen. Ab sofort können nämlich Kleinkriminelle noch am Tag der Tat vor Gericht gestellt werden. Das Neusser Gericht ist auch für Meerbusch zuständig.

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In Düsseldorf gibt es das „beschleunigte Verfahren“ schon seit Jahren — mit Erfolg.

„In den letzten Jahren gab es dort jeweils über 300 Fälle, die im beschleunigten Verfahren behandelt wurden“, so der leitende Oberstaatsanwalt Falk Schnabel. Vielfach handele es sich dabei um Menschen ohne festen Wohnsitz. „Bei ihnen ist ein solches Verfahren absolut sinnvoll“, sagt Amtsrichter Gerhard Thelen. Häufig nämlich habe man in solchen Fällen Probleme, der Angeklagten habhaft zu werden, wenn man sie zunächst auf „freien Fuß“ entlässt und eben nicht in einem beschleunigten Verfahren verurteilt. „Es gibt hier am Neusser Amtsgericht Fälle, die liegen seit Jahren herum, weil wir nicht wissen, wo die Angeklagten stecken.“

Im beschleunigten Verfahren muss der Tatverdächtige binnen einer Woche vor Gericht gestellt werden. Die Entscheidung, ob ein Fall als beschleunigtes Verfahren anzusehen ist, treffen Polizei und Staatsanwaltschaft. „Die Sachbearbeiter der Kreispolizeibehörde schauen, ob die Tat geeignet ist“, sagt Landrat und Polizeichef Hans-Jürgen Petrauschke, „häufig handelt es sich um Ladendiebstähle oder kleinere Drogendelikte.“ Sollten die Beamten zu dem Schluss kommen, der Tatverdächtige könne einem beschleunigten Verfahren unterzogen werden, geben sie die Unterlagen in kürzester Zeit an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ab.

Dort wiederum wird Anklage erhoben. „Anschließend müssen wir schauen, dass wir je nach Fall einen Pflichtverteidiger finden, der spontan Zeit hat“, so Amtsrichter Gerhard Thelen. Sollte eine Verhandlung am gleichen Tag nicht möglich sein, wird der Tatverdächtige in Untersuchungshaft genommen. „Das dient der Abschreckung und ist für viele Täter ein erheblicher Warnschuss“, so Bernd Scheiff, Direktor des Landgerichts Düsseldorf, „innerhalb von einer Woche kommt es dann zur Verhandlung.“

Bei den beschleunigten Verfahren handelt es sich laut Staatsanwaltschaft um Verfahren, in denen die Sach- und Beweislage eindeutig ist. „Von den über 300 Fällen beispielsweise im Jahr 2015 endete kein einziges mit einem Freispruch“, so Schnabel. Bis zu ein Jahr Haft kann in einem solchen Fall verhängt werden. Die Justiz geht davon aus, dass auch etliche Flüchtlinge zu den „Kunden“ im beschleunigten Verfahren gehören könnten. „Die haben häufig keinen festen Wohnsitz und wenn wir sie laufen lassen, haben wir später Schwierigkeiten, sie wieder ausfindig zu machen“, so Amtsrichter Thelen.