Marseille-Vorstand: „Wir arbeiten mit allen verfügbaren Kräften“

Marseille-Vorstand Wopen sieht gute Gründe für Beibehaltung des Betriebs.

Meerbusch. Im vergangenen Jahr hat sich die Pflegesituation der Bewohner in den beiden Einrichtungen der Marseille-Kliniken in Strümp nach Erkenntnissen der Heimaufsicht des Rhein-Kreises Neuss dramatisch verschlechtert. Ein Aufnahmestopp wurde verhängt, seitdem 36 Prüfungen durchgeführt, am vergangenen Donnerstag schließlich die Schließung der beiden Häuser verfügt. Wir sprachen mit Dieter Wopen, Vorstand des Betreibers, der Marseille-Kliniken.

WZ: Herr Wopen, trifft es zu, dass der Einrichtungsleiter in Strümp am vergangenen Freitag entlassen wurde? Wenn ja, wird er ersetzt?

Wopen: Ja, das stimmt, konkret zum 31. Oktober 2013. Wir werden uns in gutem Einvernehmen trennen, um einen Neustart zu initiieren. Wir haben bereits unser Auswahlverfahren für eine neue erfahrene Leitung erfolgreich abgeschlossen.

WZ: Wie erklären Sie sich, dass es in Ihren beiden Einrichtungen immer wieder, auch weit vor 2012, Beschwerden über Versorgungsmängel gegeben hat und die Marseille-Kliniken offensichtlich nicht imstande waren, die Situation nachhaltig zu verbessern? Wie ist die extrem hohe Personalfluktuation aus Ihrer Sicht zu erklären?

Wopen: Die Einrichtungen wurde im Jahr 2011 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit den Noten 1,1 und 1,2 bewertet. Insoweit ist die Behauptung „auch weit vor 2012“ unzutreffend. Die unterstellte „extrem hohe Fluktuation“ können wir nicht bestätigen. Allerdings trifft es zu, dass einige Mitarbeiter dem jüngsten psychologischen Prüfungsdruck — zum Teil waren mehr als 20 Prüfer gleichzeitig im Hause — physisch und psyschich nicht mehr standhalten konnten, und wir sie im Rahmen unserer Fürsorgeverpflichtung vorübergehend von ihren dienstlichen Obliegenheiten entbunden haben.

WZ: Die Agenda, die Sie jetzt zur Verbesserung der Situation aufgestellt haben, enthält eine Anhäufung von Selbstverständlichkeiten: beispielsweise die Aussage, dass die Bewohner nun nach Verordnung versorgt werden, dass der Medikamentenschrank jetzt verschlossen ist, dass Mitarbeiter nun geschult werden und es ein Qualitätsmanagement geben wird. Wie erklären Sie sich diesen Zustand, wo Ihr Haus doch kein Neuling auf dem Markt ist?

Wopen: Mit dieser ersten „Agenda“ reagieren wir zunächst auf die elementaren Vorwürfe des Rhein-Kreises Neuss. Wir arbeiten mit allen verfügbaren Kräften und Hochdruck an Maßnahmen zur Verbesserung unserer Qualität, die weit über die geforderten Mindestanforderungen hinausgehen.

WZ: Werden Sie unabhängig von der Entscheidung des Gerichts über die Rechtmäßigkeit der Schließung der Einrichtungen die Bewohner in einem Haus in Strümp zusammenlegen, wie Sie es vorgesehen hatten?

Wopen: Wir können uns diese Maßnahme als eine von mehreren Optionen vorstellen. (. . .) Wie es üblich ist, würden wir eine solche Regelung, wenn überhaupt, nur im Einverständnis mit den zuständigen öffentlichen Stellen und insbesondere in Abstimmungen mit unseren Bewohnern und deren Angehörigen und Betreuern umsetzen.

WZ: Wie viele Menschen leben zurzeit in den beiden Häusern?

Wopen: 98

WZ: Wieviele Bewohner kommen aus der näheren Umgebung Meerbuschs?

Wopen: 100 Prozent.

WZ: Sollte es bei dem Aus bleiben: Was kommt auf die Bewohner zu? Wie und wo wollen Sie freie Plätze finden?

Wopen: Wir erfahren momentan sehr viel Zuspruch und Solidaritätsbekundungen von unseren Bewohnern, deren Angehörigen und Betreuern. Große Teile des Wohnumfelds in Strümp sprechen uns ihre Wertschätzung und ihr Vertrauen aus, und bieten spontan an, sich künftig ehrenamtlich engagieren zu wollen. Es gibt gute Gründe für die Bewertung, dass der Pflegeheimbetrieb an diesem Standort weiter geführt werden kann.