Finanzlage in Meerbusch Das ist den Parteien im Haushalt wichtig

Meerbusch · Meerbusch hat bald knapp 100 Millionen Euro Schulden, bis Ende 2025 könnten es 176 Millionen sein. Müssen Stadt und Politik handeln? Wo kann man Kosten reduzieren, welche Investitionen sind außerhalb des Schulbaus unverzichtbar? Das sagen die Fraktionen.

Auf dieser Brachfläche soll eine neue Grundschule gebaut werden – der Schulbau zählt zu den wichtigsten Projekten der kommenden Jahre.

Foto: RP/Dominik Schneider

Werner Damblon, CDU „Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, die Schuldenlast so gering wie möglich zu halten. Schulden sind eine Belastung für die Zukunft und verringern unseren Handlungsspielraum. Die genannten 176 Millionen Euro sind aber ein theoretischer Wert, der nur dann eintreten würde, wenn alle geplanten Maßnahmen – vor allem im Schulbereich – in diesen drei Jahren ohne Hilfe von Land und Bund finanziert würden. Die Investitionen könnten über einen längeren Zeitraum verteilt werden, so dass sie mehr mit Einnahmen statt Verschuldung finanziert werden können. Außerdem gehen wir davon aus, verstärkt Förderung von Land und Bund zu bekommen. Unverzichtbar sind Investitionen, die uns ansonsten in der Zukunft höhere Kosten aufbürden würden. Dazu zählen etwa klimagerechte Erneuerungen unserer Infrastruktur, aber auch beispielhaft der Erhalt unseres Kanalnetzes. Auch auf rentierliche Investitionen, die uns in Zukunft Einnahmen bringen können, sollte nicht verzichtet werden.“

Karen Schomberg, Grüne „Die Politik muss gegensteuern, um eine hohe Neuverschuldung zu vermeiden. Es müssen nicht nur die geplanten Maßnahmen optimiert werden, sondern Rat und Stadtverwaltung müssen auf die Einnahmen- und Ausgabensituation schauen. Ein nachhaltiger Ansatz ist uns dabei sehr wichtig. Wir haben ein Stadtentwicklungskonzept beschlossen, das die Entwicklung neuer Wohnsiedlungsgebiete vorsieht. Einiges davon kann auf spätere Jahre verschoben werden. Das spart vorerst Kosten und wir gewinnen Zeit für die Schulentwicklung. Auch ein Bürgerhaus in Osterath können wir bei Kosten in zweistelliger Millionenhöhe in nächster Zeit nicht unterstützen. Straßenbaumaßnahmen sollten ebenfalls überprüft und nur sicherheitsrelevante Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden. Eine Lösung für die Feuerwehr in Form einer neuen Feuerwache ist für die Sicherheit der Einwohner unabdingbar. Auch Sanierungsarbeiten an der Kanalisation sollten weiterverfolgt werden. Die Maßnahmen dienen dem Umwelt- und Grundwasserschutz und helfen bei Klimafolgen wie Starkregenereignissen.“

Jürgen Peters, Grün-Alternativ „Ja, Stadt und Politik müssen zwingend gegensteuern, wir müssen uns auf die wichtigsten Projekte konzentrieren, hierzu zählen insbesondere die Sicherung unseres Bildungssystems, Schulen, Kitas und Tagesmütter, der Brandschutz, aber auch zwingend Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität und zum Klimaschutz (inkl. Vorsorge gegen Hitze und Starkregen), der global größten Bedrohung für die Menschheit. Wir müssen Projekte zurückstellen, reduzieren oder gar streichen. Einzelne Straßenbauprojekte, die nur der Verkehrsbeschleunigung dienen, sind unnötig. Wir müssen uns als eine Stadt begreifen und anteilig auch auf zentrale Einrichtungen setzen. Nicht in jedem Stadtteil kann immer alles angeboten werden. Zum Beispiel das IHKO-Maßnahmenkonzept für Osterath (u.a. Aufwertung Schützenplatz, Neugestaltung der Ortseingänge, Grüner Ring) belastet den Haushalt mit einigen Millionen und sollte reduziert werden. Für zukünftige Planungen sollten Einrichtungen verstärkt multifunktional organisiert werden, etwa Feuerwehr, Kita oder Sporthallen.“

Nicole Niederdellmann-Siemes, SPD „Die hohe Belastung – etwa Kosten für Strom und Gas – steht im Zusammenhang mit der allgemeinen politischen Lage, etwa dem Krieg in der Ukraine. Aber wir müssen auch selbstkritisch sein. Die Kosten für die Sanierung unserer Schulen sind das Ergebnis einer Verschiebung von Investitionen. Bereits im Jahr 2018 haben wir als SPD darauf hingewiesen, dass wir unsere Schullandschaft umgestalten müssen. Gerade die CDU hat der ,schwarzen Null‘ lange alles untergeordnet. Nun sind die Investitionen nicht mehr aufschiebbar und die Belastungen für den Haushalt fallen geballt an. Es stellt sich die Frage, ob Sparen in der Krise das richtige Instrument ist. Staat und die Kommune haben die Aufgabe, die Lebensbedingungen der Menschen nicht noch weiter zu erschweren. Daher müssen Einsparungen immer sehr genau auf ihre Wirkung betrachtet werden. Im Rahmen der Haushaltsberatungen werden wir uns nicht nur mit den Ausgaben, sondern auch mit der möglichen Erhöhungen der Einnahmen befassen. Die SPD setzt ihre Schwerpunkte bei Bildung, Wohnraum und Nachhaltigkeit. Somit sind für uns die Investitionen zur Entwicklung eines nachhaltigen Quartiers ,Kamper Weg‘, in Ausbau und Sanierung der Radwege sowie in die Optimierung des Nahverkehrs wichtig.“


Ralph Jörgens, FDP „Eine optimale Schullandschaft ist eine Jahrhundert-Investition. Dies hat höchste Priorität. Wir erwarten dabei Förderungen von Bund und Land. Versäumnisse aus der Vergangenheit werden aufgeholt, im Detail bleibt es bei einer Ausgabenvernunft. Wir fürchten allerdings Zeitverzüge am Bau. Wir sind überzeugt: Digitalisierung und Effizienzsteigerung führen zu einer Rationalisierung. Investitionen im Pkw-orientierten Straßenbau – insbesondere die K9n – sind auf ein Minimum zu reduzieren oder zu streichen. Das hat wenig Priorität. Ebenso reicht weniger Dynamik im Siedlungsbau. Unsere Devise: Weniger Konzepte, mehr Konkretes. Unabdingbar: Einige Projekte für die Mobilitätswende, z.B. die Querung an Haus Meer. Wichtig auch: Kultur und Sport sollen kleinteilig, aber gezielt budgetiert werden; beides ist Bindeglied für die Gesellschaft – die brauchen wir jetzt mehr denn je.“

Daniela Glasmacher, UWG/Freie Wähler „Um unnötige Ausgaben und Schulden zu vermeiden, sollten aus unserer Sicht schnell wirkende kostensenkende Maßnahmen getroffen werden. Sämtliche Investitionen, die weder die Infrastruktur stärken noch aus unserer Sicht notwendig sind, sollten vermieden werden. Dazu gehören ein Bürgerhaus für Osterath und die K9n, die nur für mehr Verkehr und Lärm sorgen würde. Ebenfalls lehnen wir eine großflächige Versiegelung von Osterather Natur- und Ackerflächen ab und sprechen uns für kleinere, homogene Baugebiete aus. Auf der Ausgabenseite würden kurzfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie ein nur moderater Anstieg der Personalkosten durch effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen und mehr Digitalisierung helfen. Wir plädieren für Investitionen in notwendige Infrastrukturprojekte wie eine zentrale Feuerwache. Wir unterstützen den Neubau einer vom Stadtsportverband geforderten und für alle Bürger gedachten Sporthalle. Erhalt, die Pflege und Schaffung von Naherholungsgebieten, die Aufforstung und Pflege von Wäldern und der Rheinauen liegen uns sehr am Herzen. Nächtliche Straßenbeleuchtung mit energieschonenden LED-Lampen sollte aus Sicherheitsgründen bestehen bleiben.“

Marc Becker, Die FRAKTION „Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass wir aus dem ,Tal der Belastungen‘ gestärkt hervorgehen. Verantwortungsvoller Umgang mit städtischen Mitteln bedeutet Einsparungen bei Ausgaben für fossile Brennstoffe und Flächenversiegelungen. Dazu wollen wir alle Ausgaben für Projekte wie die K9n und die Entwicklung der Kalverdonk umgehend stoppen. Streichungen bei Sozialem, wie ÖPNV, Essenszuschuss und dergleichen, stehen für uns nicht zur Debatte. Wir wollen Investitionen verstärkt tätigen, die uns unabhängig von steigenden laufenden Ausgaben machen. Das bedeutet, in Photovoltaik- und Windenergieanlagen nebst Speicher investieren. Das amortisiert sich innerhalb von sieben bis zu zehn Jahren. Anschließend werden die Anlagen zu Einnahmequellen, senken Kosten für Bürger und machen die Kommune attraktiver für die Wirtschaft. Auch müssen wir in eine für Bürger nutzbare digitale Verwaltung investieren.“