Interview mit Hans-Günter Focken, Meerbusch gegen rechts „Die Aufklärung über die AfD-Ziele ist wichtig“

Interview | Meerbusch · Der Vorsitzende von „Meerbusch gegen rechts“ spricht über die gefährdete Demokratie und warum hier bisher keine Demo geplant ist.

Hans-Günter Focken ist Vorsitzender des Bündnisses Meerbusch gegen rechts.

Hans-Günter Focken ist Vorsitzender des Bündnisses Meerbusch gegen rechts.

Foto: RP/Dominik Schneider

Der Vorsitzende des Bündnisses „Meerbusch gegen rechts“, Hans-Günter Focken, spricht über die Bedrohung der Demokratie und warum in Meerbusch bisher keine Demo geplant ist.

Herr Focken, als SPD-Ratsherr und Mit-Gründer und Vorsitzender des Bündnis „Meerbusch gegen rechts“, wie schätzen Sie die aktuelle Bedrohung für die Demokratie ein?

Hans-Günter Focken: Die Gefahr ist erheblich. Viele Menschen in Deutschland fühlen sich von den etablierten Parteien hängen gelassen und driften nach rechts ab – etwa zur AfD. Sie wollen mit ihrer Wahl der Ampel eine Watsche erteilen – aber genau da liegt die Bedrohung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Wie stark ist die politische Rechte in Meerbusch präsent?

Focken: Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf hat dazu recherchiert. Zum Glück ist in diesem Bezug in Meerbusch alles ruhig – wie in den vergangenen Jahren eigentlich immer. 2015 gab es eine Demonstration der NPD – samt Gegendemo. Ich kann sagen, die allermeisten Leute hier sind vernünftig. Wir haben Gott sei Dank keine Szene mehr – allerdings leben auch einige bekannte Rechte in Meerbusch.

Und wie steht es
in der Lokalpolitik?

Focken: Wir haben einen AfD-Ratsherren im Stadtrat, der dort aber nicht sehr aktiv ist. Bei der vergangenen Kommunalwahl hat seine Partei in Meerbusch 1,42 Prozent der Stimmen bekommen – bundesweit waren es 4,7.

Wie gehen Sie
politisch mit der AfD um?

Focken: Das ist eine ganz schwierige Frage. Ich habe bisher keinen vernünftigen Antrag der AfD etwa im Bundestag gesehen. Aber was tut man, wenn sie gemeinsam mit anderen Parteien die Hand heben? Ich denke, man muss auch mit der AfD reden und bin kritisch, was ein Verbot angeht. Wichtiger ist die Aufklärung der Bevölkerung. Man muss den Leuten die Ziele dieser Partei klar vor Augen halten, dann glaube ich, dass die Menschen die Bedrohung erkennen.

Deshalb macht sich das Bündnis „Meerbusch gegen rechts“ auch hier stark.

Focken: Und das halte ich für sehr wichtig. Wir gehen nicht proaktiv auf die Straße, aber wir halten die Ohren offen und reagieren. Wo in Meerbusch rechte Gesinnung zu Tage tritt, da wollen wir eingreifen. Unser leider verstorbenes Mitglied Marc Becker hatte Kontakte in die Antifa-Szene, durch ihn hatten wir einen guten Überblick, was wo lief. Heute sind Marko Nowak und Andreas Wagner von Der Fraktion sehr aktiv. Wir wollen uns auch an den Schulen gegen Rassismus, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit engagieren, planen weitere Aktionen wie Konzerte und Lesungen und wollen auch an Aktionen und Demonstrationen in den Nachbarstädten teilnehmen.

Soll es auch in Meerbusch eine Kundgebung geben?

Focken: Das planen wir im Augenblick nicht. Ich habe den Eindruck, dass in der Region aktuell sehr viel passiert – in Düsseldorf, in Neuss, in Krefeld, in Dormagen. Wir wollen nicht, dass die Veranstaltungen um Teilnehmer konkurrieren. Deswegen werden wir hier in Meerbusch nicht zur Demo aufrufen – aber wir rufen mit Nachdruck dazu auf, sich in den anderen Städten zu beteiligen. Das werden wir auch selbst tun – am Samstag fahren wir zur Demo nach Düsseldorf, und am vergangenen Wochenende waren wir in Köln mit dabei. Diese Bewegung ist etwas Großartiges und darf nicht verpuffen. Wir bitten alle Meerbuscher, Kante gegen rechte Gesinnungen zu zeigen.

Und das tut das
Bündnis bereits seit 2015.

Focken: Genau. Wir haben uns im Februar 2015 gegründet. Auslöser waren Demonstrationen der NPD in Krefeld, die auch in Meerbusch aktiv werden wollten. Damals waren die ersten Geflüchteten in Bösinghoven angekommen. Bei unserer Gründung waren alle Parteien anwesend. Michael Eckert von den Linken hat damals viel organisiert. Ich habe als Vorsitzender des Sozialausschusses dazu aufgerufen, sich zu beteiligen. Die Antwort einiger Politiker war: „Warum, hier ist es doch ruhig?“ Aber darin liegt die Gefahr.

Wie meinen Sie das?

Focken: Nazis erkennt man nicht mehr unbedingt auf der Straße. Sie laufen nicht mehr mit rasierten Glatzen herum, sondern sind in der Mitte der Gesellschaft. Noch gefährlicher als die überzeugten Rechten finde ich die Kneipengespräche.

Sie denken, dass immer mehr Menschen, die sich nicht als rechts sehen, rechte Ansichten hegen?

Focken: Genau. Diese unterschwellige Stimmung ist das Schlimmste, was unserer Demokratie droht. Wir erleben das teilweise in unseren Bürgersprechstunden der SPD. Leute schnappen Parolen auf, die einfachen Lösungen, die diese Gruppen versprechen, und wiederholen sie. Dann muss man aufstehen, klare Kante zeigen. Solche Aussagen kann man nicht im Raum stehen lassen.