Meerbusch Harvey.One holt die Süßkartoffeln raus
Büderich. · Das Trendgemüse wird noch per Hand geerntet, weil es empfindlich ist. Das Düsseldorfer Start-up Schmiede.One testet erfolgreich auf einem Feld in Büderich einen neuen Ernte-Roboter, der an Landwirte vermietet wird.
Wenn am Apelter Weg eine Gruppe von jungen Leuten auf einer Landmaschine im Einsatz ist, so ist das auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. Auf den Feldern dort wird eben mal wieder geerntet. Auf den zweiten Blick sieht die Sache aber schon anders aus. Denn die dicken Feldfrüchte, die von der Maschine auf das Transportband befördert werden, sind Süßkartoffeln. Und das ist etwas Besonderes. „Das Gemüse ist sehr empfindlich und wird bislang nur per Hand geerntet“, sagt Alexander Langer. Er ist Geschäftsführer des Start-ups Schmiede.One, das für den Landmaschinen-Hersteller Grimme neue Maschinen entwickelt. Die niedersächsische Unternehmensgruppe ist weltweit führend bei Erntemaschinen für Kartoffeln. Auf dem Feld in Meerbusch testen Langer und sein Team einen Ernte-Roboter, der nun Süßkartoffeln rodet und den schönen Namen Harvey.One trägt. Steuern lässt sich die Maschine per Laptop, Handy oder Joystick.
Die meisten Süßkartoffeln in deutschen Läden kommen bislang aus dem Ausland und sind deutlich teurer als gewöhnliche Kartoffeln, eben weil sie per Hand geerntet werden. Für die etwa 15 000 Hofläden in Deutschland, die ihre eigenen Produkte anbieten, sei Harvey.One eine Chance, gewinnbringender zu arbeiten, so die Überlegung von Langer. Denn mit der Maschine können pro Hektar 40 Tonnen in der Woche geerntet werden. Dafür sind sonst 20 Erntehelfer nötig. Sie sind, wie man zuletzt erleben konnte, nicht immer leicht zu bekommen, gibt Langer zu Bedenken. Außerdem ist der Einsatz auf dem Roder im Stehen möglich und somit körperlich weniger belastend.
An diesem Tag schaut sich Landwirt Hermann Bloemenkamp an, wie Harvey.One arbeitet. „Das sieht gut aus“, sagt Hermann Bloemenkamp mit Blick auf die geernteten Knollen und nickt zufrieden. Die meisten Süßkartoffeln haben nur leichte Kratzer an der Schale bekommen, wenn überhaupt. Das Urteil des Landwirts aus Duisburg ist viel wert. Denn er verkauft Süßkartoffeln aus eigener Ernte in seinem Hofladen und plant, den Roder tageweise zu mieten. Überhaupt kommt die neue Erntemaschine in diesen Tagen viel herum. „Harvey kommt gerade von Landwirten aus den Niederlanden zurück. In den kommenden Wochen ist er nach Niedersachen vermietet“, berichtet Langer von anderen Einsatzorten.
Zwei verschiedene Sorten Süßkartoffeln hat das Team von Schmiede.One gepflanzt: Erato orange und violet heißen die Sorten. Dazu wird auf dem Acker der Anbau von peruanischem Sauerklee und Yakôn getestet. „Das sind empfindliche Knollengewächse, mit denen Landwirte eine exotische Nische nutzen können“, sagt Verena Stöckl, Projektmanagerin und Designerin bei Schmiede.One. Sie ist Teil des zehnköpfigen internationalen Teams, das seinen Sitz nahe des Düsseldorfer Hofgartens hat.
Auf dem Speiseplan stehen
nun häufiger Süßkartoffeln
Als das Start-up vor drei Jahren gegründet wurde, konnte Langer den Standort wählen. „In Berlin ist die Konkurrenz um Programmierer zu groß“, so seine Überzeugung. Er beschloss, den Firmensitz des jungen Unternehmens nach Düsseldorf zu verlegen. Das Konzept ging auf. Software-Entwickler aus Indien, England, Israel, Polen und Südafrika heuerten bei Schmiede.One an. Alexander Langer selbst war vor acht Jahren mit seiner Familie von Oberkassel nach Lank gezogen. Das Versuchsfeld von Bauer Deussen am Apelter Weg ist außerdem praktischerweise auch nur einen Katzensprung vom Düsseldorfer Firmensitz entfernt.
Einen Nebeneffekt hat der Versuch für Familie Langer wie für das Schmiede.One-Team. Auf dem Speiseplan stehen in letzter Zeit häufiger Süßkartoffeln in jeglicher Form. Langers fünf Monate alte Tochter bekommt sie im Gemüsebrei. „Als wir im vorigen Jahre auf Messen gegangen sind, haben wir Chips davon mitgebracht“, sagt Langer. Das Team gibt das Trendgemüse in großen Mengen gerne als Spende ab.