Netzbetreiber fällt Entscheidung Amprion legt sich auf Osterath fest

In einem überraschenden Schritt hat der Netzbetreiber den Bauantrag für den Meerbuscher Ortsteil eingereicht.

Das umstrittene Baugebiet für den Stromkonverter ist auf dieser Karte rot gekennzeichnet.

Foto: Amprion

Mehr als sieben Jahre haben Wolfgang Miller und viele andere Osterather gekämpft, diskutiert, Transparente gemalt, Dokumente gesammelt und zuletzt eine große Protestaktion organisiert: An rund 100 Baumstämmen im Ortsteil hängen seitdem Warnwesten mit dem Aufdruck „Kein Konverter in Osterath“. Jetzt sind Miller und seine Mitstreiter enttäuscht: Netzbetreiber Amprion will die Anlage doch in Osterath bauen. Das haben Amprion-Vertreter Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage am Freitag in einem persönlichen Gespräch im Rathaus mitgeteilt. „Ich bin ja kein Träumer“, sagt Miller, „aber diese Nachricht ist ein Schock.“

Auch für die Stadt Meerbusch kam der Antrag kurz vorm Wochenende völlig unerwartet. „Dieses neue Vorgehen von Amprion ist für uns eine Überraschung“, sagte Mielke-Westerlage. Netzbetreiber Amprion will den Bau des Stromkonverters in Osterath über ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ermöglichen. Einen entsprechenden Antrag hat Amprion ebenfalls am Freitag an den Kreis gestellt, der damit – anders als bisher – die zuständige Genehmigungsbehörde ist. „Das war für mich überraschend. Aber dass die Möglichkeit besteht, den Antrag auf diesem Weg zu machen, war immer bekannt. Wir werden den Antrag jetzt genau prüfen. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, müssen wir dem Antrag stattgeben“, kündigte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke an.

Die neuen Pläne sehen mehr Abstand zu Wohnhäusern vor

Amprion konzentriert seine Pläne jetzt nur noch auf den „Vorzugsstandort“ Osterath, alternative Flächen sind aus dem Rennen. Die genaue, von Amprion beantragte Baufläche liegt zwischen den Wirtschaftswegen Siep, Greit und Alte Landwehr in der Nähe des Umspannwerks und der Bahnlinie. Gegenüber der ursprünglichen Planung wurde der Abstand zu den Osterather Wohnhäusern nach Angaben von Amprion deutlich vergrößert und liegt nun zwischen 680 und 960 Metern. „Wir haben das Konzept deutlich überarbeitet“, teilt das Unternehmen mit. Den dafür nötigen Grund und Boden hat der Netzbetreiber gekauft.

Dass jetzt nur noch mit dem Standort Osterath weitergearbeitet werde, sei enttäuschend, betonte Mielke-Westerlage. „Das ist die Folge eines mehrjährigen Prozesses, in dem die Entscheidungsträger keinerlei Initiative ergriffen haben, einen geeigneteren Standort als Osterath realisierbar zu machen.“ Seit 2013 hat Amprion im Kreis nach einem Standort gesucht. Die ursprünglich von allen, auch von Amprion, bevorzugte Dreiecksfläche in Kaarst war weggefallen, weil dort Kies abgebaut werden soll. Und obwohl lange keine offizielle Entscheidung für Osterath gefallen war, galt der Meerbuscher Ortsteil zuletzt als Favorit.

Der Netzbetreiber hat bereits
den Boden untersuchen lassen

Amprion hatte Anfang Juli deutlich gemacht, dass die Zeit dränge, und mit Bodenuntersuchungen in Osterath begonnen. „Wir haben uns seit fünf Jahren für die Lösung des Zielkonflikts eingesetzt – ohne Erfolg“, betont Klaus Wewering, Leiter Gleichstrom-Netzprojekte bei Amprion: „Weitere Verzögerungen aufgrund der Standortfrage können wir mit Blick auf das gesamte Projekt nicht mehr verantworten.“ Die Genehmigung für den Konverterbau will Amprion in einem nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz möglichen, sogenannten „vereinfachten“ Verfahren erwirken. Dabei können Schritte wie etwa die Beteiligung der Öffentlichkeit entfallen. Auch die Frist bis zum Bescheid des Antrags wird von sieben auf drei Monate verkürzt, wobei grundsätzlich Verlängerungsoptionen bestehen.

Die Meerbuscher Verwaltung will zunächst juristisch prüfen, ob die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren erfüllt seien. Die Tatsache, dass nun der Kreis und keine Bundesbehörde Genehmigungsbehörde sei, wecke allerdings auch Hoffnung, betont Mielke-Westerlage. „Unabhängig davon, dass im vereinfachten Verfahren nun keine formelle Beteiligungsmöglichkeit mehr besteht, gehe ich davon aus, dass der Rhein-Kreis Neuss auch die Öffentlichkeit angemessen in seine Entscheidung einbeziehen wird.“ Von Amprion heißt es dazu: „Es war und ist uns wichtig, dass wir die Fragen und Bedenken in der Region so gut wie möglich berücksichtigen. Dafür haben wir uns in den vergangenen Jahren Zeit genommen.“ Um aber den Zeitplan für das Projekt einzuhalten, den das Bundeswirtschaftsministerium vorgibt, könne man mit dem Antrag nicht länger warten.

Die Genehmigung soll im kommenden Jahr erfolgen

Der Netzbetreiber rechnet im Laufe des kommenden Jahres mit einer Genehmigung für den Konverterstandort. Im Anschluss könnte der Bau beginnen, der zwei bis drei Jahre dauern wird. Die Firma Siemens hat den Auftrag für den Bau der Anlage. Das Gebäude und die Fläche drumherum sollen „umfassend“ begrünt werden. „Eine Inbetriebnahme sieht Amprion für das Jahr 2023 vor“, teilt Amprion mit.

Wolfgang Miller und seine Mitstreiter haben umgehend auf die Nachricht am Freitag reagiert und ein „Extrablatt“ vorbereitet. Der gedruckte Konverter-Protest mit einer Chronologie der Standortsuche soll in der nächsten Woche an die Haushalte verteilt werden. Miller: „Amprion hat es in sieben Jahren nicht geschafft, Sorgen und Bedenken der Bevölkerung zu zerstreuen. Der Protest wird weitergehen.“