Schwimmkurs für geflüchtete Kinder Kindern die Angst vor dem Wasser nehmen
Meerbusch · Flucht, fehlendes Geld, Lockdown: Es gibt viele Gründe, warum Kinder das Schwimmen nie gelernt haben. Der OBV und die Stadt Meerbusch arbeiten mit Sponsoren zusammen, um die Zahl der jungen Nichtschwimmer zu reduzieren.
Heute ist ein wichtiger Tag für die jungen Teilnehmer des Integrationsschwimmkurses im Meerbad in Büderich. Schafft es eines der Kinder, sich das Seepferdchen zu erschwimmen? Oder geht da sogar mehr? Die 10-jährige Naomi ist glücklich. Sie hat sich das Bronze-Abzeichen erkämpft. „Das war gar nicht so schwer“, findet sie.
Drei Kinder haben heute das Seepferdchen erhalten. Aber stolz können alle der 10 Teilnehmer sein, denn jeder von ihnen hat riesige Fortschritte gemacht. „Ein Kind hatte in der ersten Stunde noch unheimliche Angst vor dem Wasser, jetzt schwimmt es alleine mit Armen und Beinen“, erzählt Schwimmlehrerin Claudia Theisen.
Auch Sara habe sich toll entwickelt. Die 9-Jährige war schon bei dem letzten Schwimmkurs dabei, sei aber noch ein wenig unsicher gewesen. „Jetzt springt sie ohne Probleme vom 1-Meter-Brett und hat auch eine bessere Kondition“, so Theisen. Sara würde auch gerne weitermachen. „Ich gehe auch öfter mit der Familie schwimmen. Die findet es toll, dass ich jetzt besser schwimme.“ Victor haben die Tauchübungen besonders gut gefallen. Jetzt fühle er sich beim Schwimmen sehr viel sicherer und habe keine Angst mehr zu ertrinken. Und noch einen Bonus hat der Kurs. „Ich habe neue Freunde gefunden“, erzählt der 10-Jährige.
Seit 2017 bietet der OBV Meerbusch in Kooperation mit der Stadt und Sponsoren die Integrationsschwimmkurse an. Seitdem haben 70 Kinder von dem Angebot profitiert. „Unser Ziel war es, Kinder mit Fluchterfahrung aus traumatischen Erlebnissen herauszuholen. Viele sind über das Mittelmeer nach Europa gekommen und haben dabei grausame Erfahrungen gemacht. Da ist es verständlich, dass viele Angst vor Wasser haben“, berichtet Fida Soubaiti, Integrations- und Flüchtlingsbeauftragte des OBV. Ziel sei es gewesen, dass die Kinder wieder Vertrauen gewinnen und die Angst vor dem Wasser verlieren. „Die Erfolgserlebnisse sind toll. Wenn ein Kind, das erst Angst hatte, überhaupt einen Zeh ins Wasser zu stecken, nach Ringen taucht, ist das phantastisch“, findet Elisabeth Funke, pädagogische Leiterin beim OBV. Später wurde das Angebot auch auf Kinder aus wirtschaftlich schwachen Familien ausgeweitet. Zum einen, um den Integrationsaspekt zu stärken. Zum anderen, weil diese sich einen Schwimmkurs häufig nicht leisten können. „Und das wird angesichts der aktuellen Lage bestimmt noch problematischer werden. Die Preise in den Schwimmbädern werden sich mit den steigenden Energiepreisen bestimmt noch erhöhen. Und noch weniger Familien können sich Schwimmkurse leisten“, befürchtet Jana Schütt von den Soroptimistinnen, die die Kurse in diesem Sommer gesponsert haben. Für Schütt sei es erschreckend, dass heutzutage selbst 19-Jährige ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Daher findet sie es auch gut, dass die Kinder bei dem 10-tägigen Blockkurs schon älter sind. „Jüngere Kinder werden meist noch beaufsichtigt und haben noch Zeit zu lernen. Bei den älteren ist das problematischer.“
Der Unterricht in den Schulen sei meist nicht ausreichend, da die effektive Schwimmzeit häufig nur 20 Minuten betrage, erklärt Funke. Auch die Corona-Pandemie habe sich negativ auf die Schwimmfähigkeiten der Kinder ausgeübt, da viel Schwimmunterricht ausgefallen sei. Momentan haben viele Bäder nicht genug Übungsleiter, um Schwimmkurse anbieten zu können. „Es hat sich ein großer Stau an Nicht-Schwimmern gebildet“, so Funke.
Für das Integrationsschwimmen gibt es lange Wartelisten. Wer mitmachen darf, entscheidet der OBV zusammen mit den Schulschwimmlehrern, die genau wissen, bei wem Bedarf besteht. Soubaiti würde das Angebot gerne ausweiten. „Dafür brauchen wir aber mehr Schwimmzeiten, mehr Schwimmlehrer und natürlich auch Sponsoren. An Geld hat es uns bisher aber zum Glück nie gefehlt“, sagt sie.