Natur in Meerbusch Die ersten Störche machen ihren Boxenstopp in Meerbusch
Meerbusch · In der Altrheinschlinge wurden teils mehr als 20 Tiere zugleich beobachtet. Diese sind allerdings auf der Durchreise. Damit Störche hier dauerhaft leben, müssten sich einige Bedingugen ändern.
In der Ilvericher Altrheinschlinge sind wieder Weißstörche zu beobachten. Julian Bähr, Vogelexperte der Meerbuscher Ortsgruppe des Naturschutzbundes Nabu, hat auf den dortigen Wiesen einen kleinen Schwarm von 22 Exemplaren beobachtet – die allerdings auf der Durchreise waren. Dauerhaft leben oder gar brüten tun die großen Vögel in Meerbusch bisher nicht.
Seit Jahren breitet sich der Weißstorch wieder in Nordrhein-Westfalen aus. Grund dafür ist vor allem der verringerte Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. In den 1970er und 1980er Jahren hat vor allem die Verwendung des Pflanzenschutzmittels Dichlordiphenyltrichlorethan, kurz DDT, für eine starke Abnahme in der Population vieler Vogelarten gesorgt. Dieser Stoff wurde über die Nahrung aufgenommen und störte unter anderem den Kalkstoffwechsel, sodass die Eier zu dünne Schalen hatten, kaputt gingen und die Embryonen starben. Neben dem Storch brachte der Einsatz von DDT auch andere Arten wie etwa den Wanderfalken in ernste Gefahr. Seit der Stoff – der auch für Menschen gefährlich sein könnte – nicht mehr verwendet wird und nach und nach aus der Umwelt verschwindet, erholen sich die Bestände wieder. Ebenfalls begünstigt wird die Rückkehr des Weißstorchs durch die Ausweisung von Schutzgebieten und die Einrichtung von Nisthilfen.
„Allerdings ist der Storch nicht unbedingt auf künstliche Nester angewiesen“, erklärt Vogelexperte Bähr. Adebar brütet auch in hohen Bäumen, mindestens neun Meter über dem Boden. Wichtiger ist, dass der Nistplatz ungestört ist, weder viele Menschen noch viele Autos unmittelbar vorbeikommen.
Damit der Storch in Meerbusch dauerhaft heimisch werden könnte, muss für ihn vor allem das Nahrungsangebot da sein. Störche ernähren sich von kleinen Tieren, hauptsächlich Fröschen und Kröten, aber auch Mäusen und Wühlmäusen. „In Meerbusch wird ein großer Teil der Fläche entwässert – das ist vor allem für die Landwirtschaft wichtig, da die Maschinen auf feuchten Fläche nicht fahren können“, so Bähr. Bähr hat bereits mit den Verantwortlichen nach einem Kompromiss gesucht, der die Bedingungen für den Storch in Meerbusch verbessern könnte, bisher aber keine gangbare Lösung gefunden. „Die Landwirte wollen die Entwässerung verständlicherweise beibehalten. Wenn hier keine Lösung gefunden wird, ist unwahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit Brutpaare in Meerbusch geben wird“, so Bähr. Die Bedingungen dafür wären allerdings günstig. So gibt es derzeit brütende Störche in Willich-Anrath und Grefrath-Oedt, im Düsseldorfer Süden, in der Urdenbacher Kämpe, wurde eine aufgestellte Brutgelegenheit zumindest angetestet. Der Nachwuchs solcher Bruten macht sich in der Region auf Nahrungssuche – auch in Meerbusch – und sucht auch ein eigenes Revier.
Störche überwintern
teils schon am Niederrhein
Dabei steht eine landwirtschaftliche Nutzung nicht unbedingt mit einer Storchpopulation im Widerspruch. „Tatsächlich kann aber auch ein bearbeitetes Feld Lebensraum für den Weißstorch sein“, so der Vogelexperte. In Ostwestfalen haben Naturschützer stellenweise beobachtet, wie Störche Treckern folgen und die aufgescheuchten Mäuse fressen.
Ein Problem für die großen Vögel sind aber auch die heißen und trockenen Sommer. Während dieser Perioden trocknen etwa im Ilvericher Altrhein immer häufiger die Tümpel und Wasserlöcher aus. Dort leben Insektenlarven und Frösche, die die Trockenheit häufig nicht überleben – somit finden Tiere wie Störche oft nicht genug Nahrung. „Auf der anderen Seite profitiert der Storch auch zum Teil vom Klimawandel“, erklärt Bähr. Wegen der milderen Witterung überwintern die Vögel nicht mehr unbedingt in Afrika, sondern etwa in Spanien – eine deutlich kürzere Reise mit weniger Gefahren. Bei Xanten wurden auch schon Vögel beobachtet, die in Deutschland überwintern.
Eine Brut in Meerbusch scheint wegen der trockenen Umgebung vorerst unwahrscheinlich. Trotzdem beobachten Bähr und sein Team immer wieder Störche, nicht nur in der Altrheinschlinge, sondern auch auf Feldern vor Bösinghoven oder Nierst. „Immer wieder kann man kleinere Gruppen, vor allem jüngere Tiere, bei der Nahrungssuche beobachten. Die Chancen dafür stehen von März bis in den Sommer hinein am besten“, so Bähr. Für den Naturschützer wäre die Ansiedlung des Storchs vor allem aus ökologischen Gründen gut. „Der Storch ist ein Anzeiger für eine gesunde Artenvielfalt in einem Gebiet. Außerdem ist er – anders als andere Vogelarten – kein Schädling in der Landwirtschaft. Der Weißstorch ist ein Kulturvogel und hat bei den meisten Menschen ein positives Image.“
Wie man einen Storch im Flug erkennt, verrät er: Der Storch fliegt mit ausgestrecktem Hals und Beinen, die über den Rumpf herausragen. Zu verwechseln ist er vor allem mit dem Reiher, der den Hals im Flug aber anwinkelt, und dem Kranich, dessen Beine im Flugbild nicht zu sehen sind.