Angriff auf die Supermärkte

Das Start-Up „Picnic“ will den Lebensmittelhandel revolutionieren.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Neuss/Kaarst. Der Name ist leicht zu merken und die Verbindung zu Lebensmitteln schnell hergestellt. Denn um die geht es in erster Linie beim niederländischen Start-up Picnic, das auch in Deutschland Fuß fassen will und dafür bereits seit Monaten und noch bis Ende April eine Testphase auch in Kaarst und Neuss (unter dem Namen „Sprinter“) laufen hat. Picnic will den Lebensmittelhandel revolutionieren und das schaffen, was bislang weder Aldi, Rewe oder Amazon gelungen ist: die Menschen zu Lebensmittel-Online-Käufern zu machen. 15 Millionen Euro Start-Finanzierung hat Picnic in Deutschland, weiteres Geld von Kapitalgebern soll fließen.

Für den Angriff auf den deutschen Lebensmittelmarkt wurden ein Lebensmittel-Lager in Viersen aufgebaut, ein ehemaliges Fitness-Studio in Neuss an der Hermann-Klammt-Straße zum Umschlagplatz für die Lebensmittelkisten umgerüstet und in Düsseldorf Büroräume für das neue Hauptquartier angemietet. Das Unternehmen verspricht, kostengünstiger zu sein als andere, eine Lieferzeit von 20 Minuten in einem bestimmten Zeitfenster und verzichtet auf einen Lieferaufpreis. Gebracht wird die Ware mit einem Elektrowagen, das die Picnic-Gründer extra in Frankreich haben entwickeln lassen.

Johannes Niehsen kennt „Picnic“ bereits, denn ein Bekannter aus Kaarst lässt sich beliefern. Niehsen ist Geschäftsführer des Edeka-Marktes am Berghäuschensweg. Zwei Mal pro Woche, mittwochs und freitags, liefert der Ware aus, vor allem in Gnadental, Erfttal und Reuschenberg. „Besonders unsere älteren Kunden nehmen diesen Service in Anspruch“, sagt er. Sie zahlen dafür pro Lieferung fünf Euro. Seiner Meinung nach hat Picnic aktuell noch zwei Probleme: zum einem die Frische der Ware, zum anderen das Sortiment, das noch größer werden müsse. „Das wird aber anders werden. Und dann müssen auch wir als Edeka reagieren“, sagt Niehsen.

Den Service der Niederländer allerdings findet der Kaufmann „top“. „Das sei schon eine Hausnummer“, spricht er über die Erfahrungen seines Bekannten. Von „einem interessanten Konzept“ spricht Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW. Er weiß, dass gerade im Lebensmittelsegment ein „beinharter Wettbewerb“ herrsche, der letztlich über den Preis ausgetragen werde. Jürgen Steinmetz, IHK-Hauptgeschäftsführer, begrüßt den neuen Anbieter. Denn gerade die Versorgung älterer Menschen sei schwierig. „Ein Konzept wie Picnic kann eine Antwort darauf sein und insofern freuen wir uns sehr, dass so ein innovatives Unternehmen über unsere Region versucht, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen“, sagt er.

Kritisch beobachtet Christoph Napp-Saarbourg einen weiteren Anbieter, der „womöglich verhindert, dass Menschen durch die Stadt gehen“. Außerdem entstünde, auch wenn E-Autos genutzt werden, noch mehr Lieferverkehr, so Napp-Saarbourg, der aber eingesteht, dass ein Lebensmittel-Lieferservice für viele Leute auch sinnvoll sei.