Auge in Auge mit dem Stadtpatron
Auf dem Westturm der Basilika ist der Ausblick über die Stadt fantastisch.
Neuss. Schon der Aufstieg ist eine Geschichte für sich. Nach den ersten „modernen“ Stufen im Aufgang zum Glockenturm von St. Quirin rückt der nackte Stein scheinbar näher, sind die Stufen tief ausgetreten. Seit 800 Jahren gehen Glöckner, Pfarrer, Mitarbeiter der Kirche hier hinauf. Der erste Absatz über der Grabstätte der Gepa, auf der Empore. Immer weiter geht es hinauf.
Im ersten Turmgeschoss lagern in Regalen steinerne Fundstücke aus der Zeit der Sanierungsarbeiten. Darüber dann der Glockenstuhl.
Die sechs Glocken von St. Quirin sind hier in der Stahlkonstruktion befestigt, die seit dem Brand von 1914 im alten Turm ein eigenes Konstrukt bildet. 5,7 Tonnen schwer ist allein die größte Glocke, benannt nach dem Stadtpatron und Namensgeber der Basilika. Mächtig erklingt das Geläut. Nach dem Abbrechen von Gewichten der Gegenpendelanlage im Mai sind nun alle Anlagen überprüft und mit neuen Bolzen versehen. Nur die größte, schwerste Pendelkonstruktion ist noch außer Betrieb. Die Quirinus-Glocke bleibt stumm, bis ein Gutachten die Experten aufklärt, wie die Schwingungen der gewaltigen Glockenanlage in diesem 800 Jahre alten Turm aufgefangen werden können.
Über zwei schmale „Hühnerleitern“ geht es weiter. Kopf einziehen, und man steht auf der Balustrade, die den Westturm umfängt. Schmal ist der Gang, der Ausblick fantastisch. Vor allem der nach Osten — auf Augenhöhe mit dem 1741 geschaffenen Standbild von St. Quirin auf der Kuppel, nach der Restaurierung vor sechs Jahren noch immer „wie neu“. Dahinter geht der Blick über die Hammer Landstraße und die Rennbahn nach Düsseldorf. Einst konnten von hier aus heranrückende Freunde wie Feinde frühzeitig ausgemacht werden.
Eine schmale Leiter auf dem Pyramidendach führt nun endgültig ganz nach oben. Kreuz und Hahn sowie der Blitzableiter krönen den Westturm der Basilika. Oberpfarrer Guido Assmann wagt den Aufstieg im Wind. Hier wird zu den hohen Festtagen geflaggt — und allseits erwartet am Schützenfestsamstag, Punkt 12 Uhr, wenn der Kanonenschuss vom Wendersplatz das Signal gegeben hat. Das Flaggen überlasse er allerdings den Profis, sagt Oberpfarrer Assmann lachend. Vor genau fünf Jahren ist er als Oberpfarrer eingeführt worden. Die Kirche ist ihm ans Herz gewachsen — von der Krypta bis zur Turmspitze, hoch über Neuss.