Ausstellung zeigt Fotos von Menschen nach der Flucht
120 Aufnahmen von Flüchtlingen sind in der Rathaus-Galerie zu sehen — mit vielen nachdenklichen und einigen optimistischen Gesichtern.
Kaarst. Es dürften knapp 300 Menschen gewesen sein, die sich die Eröffnung einer ganz besonderen Ausstellung in der Rathaus-Galerie nicht entgehen lassen wollten. Und es war eine Vernissage, die außergewöhnliche Begegnungen ermöglichte. Begegnungen mit Flüchtlingen, denn sie gehörten wie selbstverständlich dazu. „Unsere neuen Nachbarn“ — unter dieser Überschrift sind rund 120 Fotos von Menschen zu sehen, die nach einer langen Flucht in Kaarst zur Ruhe kommen konnten.
Iman, einer der Flüchtlinge auf den Bildern, nennt einen Grund für die Flucht aus seiner Heimat
Die Idee zu diesem ambitionierten Projekt hatte Susanne Enkel. Die 37-Jährige ist seit einem guten halben Jahr psychosoziale Beraterin für Flüchtlinge und hat ihren Schreibtisch im Kaarster Rathaus. Sie stellte den Kontakt zu der ebenfalls 37 Jahre alten, aus Polen stammenden und in Düsseldorf lebenden Fotografin Halina Szafranska her, die vor fünf Jahren nach Deutschland gekommen ist. Dabei wurden nicht einfach Fotoshootings vereinbart: Die Fotografin begleitete Susanne Enkel knapp vier Monate lang, die meisten Flüchtlinge fassten Vertrauen, nur wenige lehnten es ab, fotografiert zu werden. Von rund 600 Fotos, die Szafranska gemacht hat, wurden 120 für die Schau ausgewählt.
„Es sind keine gestellten Fotos — das kann man sehr gut erkennen“, sagte Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus in ihrer Eröffnungsrede. Die Flüchtlinge kommen sehr authentisch rüber: Da fehlt das klassische Lachen wie von der Zahnpasta-Reklame. Viele Flüchtlinge blicken verhalten optimistisch drein, nicht wenige wirken nachdenklich, melancholisch oder so, als müssten sie sich erst noch orientieren.
Warum das so ist, machen die persönlichen Informationen, die etlichen Fotos beigefügt wurden, deutlich: „Ich bin hier in Deutschland für neues Leben“, hat Ahmad aus dem Irak geschrieben. Eine junge Frau aus Nigeria verrät, warum sie in Kaarst nicht uneingeschränkt glücklich ist: Sie hat ihren Mann auf der Flucht aus den Augen verloren. Iman erklärt in einem Satz, warum er aus seiner Heimat geflohen ist: „Im Libanon ist ein Menschenleben nichts wert.“ Ein Flüchtling, der seit sieben Monaten in Kaarst lebt, schreibt: „Ich bin stolz, Kaarster zu sein. Kaarst ist eine schöne Stadt, und die Menschen sind sehr nett zu uns.“
„Es waren ursprünglich alles Farbfotografien. Fast alle wurden am PC zu Schwarzweißfotos“, erklärte Kulturmanager Klaus Stevens, der mitgeholfen hat. Und er freut sich, dass Ikea schwarze Rahmen im Wert von rund 2000 Euro zur Verfügung gestellt hat. Bei der Vernissage wurde nicht nur über, sondern auch mit den Flüchtlingen gesprochen — allein diese Gespräche machen diese Ausstellung so wertvoll.
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. März in der Rathaus-Galerie zu sehen. Danach werden die Fotos im VHS-Haus, Am Schulzentrum, gezeigt.