Bewohner des Bahnhofsviertels beobachten Handel mit Drogen
Die Polizei spricht allerdings nicht von einer offenen Drogenszene.
Grevenbroich. Gibt es eine echte Drogenszene am Grevenbroicher Hauptbahnhof? Also: Treffen sich dort Abhängige, um an Stoff zu kommen und ihn zu konsumieren? Drehen Dealer rund um die Gleise ihre Runden? Die Wahrnehmung der Bewohner des Bahnhofsviertels und die der Polizei scheinen darüber auseinanderzugehen.
Während die Polizei bislang davon ausgeht, dass in Grevenbroich keine offene Drogenszene existiert, es vielmehr lediglich zu „bahnhofstypischen“ Konflikten und Einsätzen kommt, beobachten die Menschen vor Ort etwas anderes. Martina Suermann, Fraktionsvorsitzende von „Mein Grevenbroich“, lebt selbst in Bahnhofsnähe. Die Einschätzung der Polizei kann sie nicht nachvollziehen.
„Das hier sind Fakten aus den vergangenen Tagen, die ein direkter Anwohner zusammengetragen hat“, sagt sie. „Am 23. August stand eine Person hinter dem Jägerzaun im Bienefelds Gässchen und spritzte sich, für jeden sichtbar, etwas in den entblößten Bauch; zwei Tage später saß eine Person komplett weggetreten auf einem Fahrradständer und hatte die Spritze für jeden sichtbar noch in der Hand; eine Drogendealerin kommt regelmäßig mit dem Taxi und verkauft ihren Stoff an die Personen am Fahrradständer; an Wochenenden kommt regelmäßig ein Fahrzeug mit Bergheimer Kennzeichen, kümmert sich intensiv um die Personen und reicht ihnen ,Material’; jeden Morgen steht ein Dealer mit dem Fahrrad über mehrere Stunden in der Gasse und verkauft kleine Tütchen mit weißem Inhalt. Mittlerweile herrscht in der Szene wohl der Tenor, dass es in Grevenbroich den besten Stoff zu kaufen gibt“, sagt Suermann.
Zu den geschilderten Vorfällen konnte die Polizei noch keine konkreten Auskünfte geben. „In diesem Jahr hat die Kriminalpolizei bislang sieben Ermittlungsverfahren wegen möglichen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt, bei denen der Tatort im Bereich Bahnhof/Bahnhofvorplatz Grevenbroich lag“, sagt Polizei-Sprecherin Diane Drawe. „Von einer offenen Drogenszene kann aus polizeilicher Sicht daher nicht gesprochen werden, wobei es für diesen Begriff keine feststehende Definition gibt.“ Die Polizei, sagt Drawe, verfolge konsequent jegliche Straftaten. „Ein wichtiger Punkt ist hierbei auch, dass verdächtige Beobachtungen sofort gemeldet werden. So können wir in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung lückenlose Aufklärung betreiben.“ Dabei, betont die Sprecherin, müsse sich niemand selbst in Gefahr bringen.
Die Polizei rät, aktuelle verdächtige Beobachtungen sofort über den Notruf der Polizei — 110 — zu melden und die Wahrnehmungen möglichst genau zu schildern. „Die Polizei nimmt die Hinweise aus der Bevölkerung ernst und geht ihnen nach“, sagt Drawe. Die Erfahrung zeige aber auch, dass manche Orte geeignet sind, bei Passanten oder Anwohnern ein Gefühl der Unsicherheit zu hinterlassen. Dieser Eindruck deckt sich nicht immer mit den Feststellungen der Polizei, die sich in der Regel auf konkrete Straftaten beziehen.