Bohrmann wirkt nur noch ratlos
Der Handball-Zweitligist Bayer Dormagen ist nach dem 25:31 gegen Saarlouis Letzter. Die Maßnahmen des Trainers erweisen sich als untauglich.
Dormagen. Der Mann kann einem einfach nur leid tun. Zwanzig Monate, nachdem er den TSV Bayer Dormagen in beeindruckender Manier in die Zweite Handball-Bundesliga geführt hat, wirkt Jörg Bohrmann nur noch ratlos. Der Abstiegskampf, die ständige Personalnot — nicht ein Spiel oder Training hat der 47-Jährige in dieser Saison mit seinem kompletten Kader bestritten. Und das dadurch erforderliche andauernde Improvisieren hat an den Nerven der einstigen hessischen Frohnatur genagt.
Sein Blick geht oft ins Leere, auch während eines Spiels. Wie paralysiert sitzt er dann auf der Bank, schaut fassungs-, mitunter auch tatenlos zu, wie sich seine Schützlinge immer tiefer in den Schlamassel spielen. So wie am Samstag bei der 25:31-Heimpleite gegen die zuvor in sechs Spielen sieglose HG Saarlouis. Vom 13:15-Pausenstand hatten sich die Hausherren wieder bis auf 18:18 (38.) herangekämpft, hatten eigentlich alle Trümpfe in ihren Händen, denn den Gästen fiel gegen die nun etwas offensiver deckenden Dormagener nicht mehr allzu viel ein.
Sechs Minuten und vier Fehlwürfe (Genz/2, Doetsch, Damm) später führte Saarlouis mit 24:18 und schaukelte diesen Vorsprung relativ unangefochten bis ins Ziel. Bohrmanns Versuche, das Unheil aufzuhalten, erwiesen sich als untauglich. Vor allem die Taktik, seine müder werdenden „Halben“ Jo-Gerrit Genz und den bis dahin schon neun Mal erfolgreichen Max Bettin vom Parkett zu holen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, Kraft für die Schlussphase zu tanken, erwies sich als Rohrkrepierer. Denn in dieser Schlussphase war Dormagen bereits so weit abgeschlagen, dass es nur noch um Ergebniskosmetik ging.
Allein die Zeitpunkte, zu denen Bohrmann seine Auszeiten nimmt, zeigen, dass ihm momentan der Zugriff aufs Spiel fehlt: Die erste zwei Sekunden vor dem Pausenpfiff, anstatt zehn Minuten zuvor, als die Gäste sich von 9:9 auf 12:9 absetzten. Die zweite nach 42 Spielminuten — da war es schon zu spät, hatte Saarlouis das 18:18 in ein 22:18 gedreht. Und genau wie nach dieser gingen auch nach der dritten Auszeit (55.) die nächsten beiden Treffer auf das Konto der Gäste — was den Verdacht nahelegt, dass ihm seine Spieler gar nicht mehr oder nicht richtig zuhören. Oder den Umkehrschluss, dass der Trainer die Köpfe seiner Spieler nicht mehr erreicht. Wie so oft in den vergangenen Wochen sprach Bohrmann auch nach der vierten Pleite in Folge davon, dass seine Schützlinge die Anweisungen nicht befolgen.
Was vielleicht auch erklärt, weshalb er das Risiko scheut. Sicher, vor der Pause brachte er bei eigener Unterzahl den dabei erstaunlich abgeklärt wirkenden Ian Hüter als sechsten Feldspieler. Doch als es darauf ankam, verließ ihn der Mut zum taktischen Draufgängertum — eine offene Deckung hätte der Partie möglicherweise noch mal eine Wendung geben können.
Was alles zusammen die Frage aufwirft: Hilft Jörg Bohrmann diesem auf den letzten Tabellenplatz abgerutschten TSV Bayer Dormagen im Abstiegskampf noch weiter? Man möchte jetzt nicht in der Haut der Bayer-Verantwortlichen stecken. Dass Jörg Bohrmann ein anerkannt guter Handball-Lehrer ist, steht außer Frage — daran ändern auch die jüngsten Ergebnisse nichts. Und an seine Verdienste um den Dormagener Handball reichen höchstens die von Kai Wandschneider heran. So einen Mann setzt man nicht einfach auf die Straße. Und bevor man so etwas tut, gilt es, sorgfältig die vorhandenen Alternativen zu prüfen — gute Handball-Trainer sind rar, solche, die unter den beim TSV Bayer herrschenden finanziellen Rahmenbedingungen zu arbeiten bereit sind, noch rarer.
Doch Jörg Bohrmann einfach weiter wursteln zu lassen, bis es zu spät ist, hilft auch keinem weiter — dem 47-Jährigen am allerwenigsten. Klug und loyal, wie Jörg Bohrmann ist, merkt er das vielleicht selbst. „Jetzt muss dem Bohrmann etwas einfallen“, mit diesen Worten verabschiedete er sich am Samstagabend aus der Halle.