Busse bieten nur wenige Plätze für Kinderwagen und Rollatoren
Die Stadtwerke Neuss und die Rheinbahn kennen Problematik, sehen jedoch keinen Handlungsbedarf.
Neuss. Busfahren bedeutet für Andrea Bürger Stress. Denn die 31-Jährige hat zwei Kinder. Und weil ihre Tochter erst vier Monate alt ist, ist sie in der Regel mit einem Kinderwagen von der Pomona zur Rheydter Straße unterwegs, um ihren fast fünfjährigen Sohn zur Kita zu bringen. „Es gibt in den Bussen leider zu wenig Stellplätze für Kinderwagen und Rollatoren“, sagt sie. „Letztens hat uns der Busfahrer nicht mehr mitgenommen, weil schon zwei Rollatoren und drei Kinderwagen drin waren.“ Das sei an Haltestellen, in deren Nähe sich Kindergärten oder Arztpraxen befänden, auch nicht erstaunlich. „Eine Bekannte von mir ist aus Grefrath sogar weggezogen, weil die Busse, die dort hielten, überhaupt keine Kinderwagen mitnehmen konnten“, berichtet sie.
Für Andrea Bürger ist klar: „Die Busse bräuchten mehr Stellflächen“, fordert sie und steht damit nicht allein. Erst kürzlich hatte der Landtagsabgeordnete Joachim Paul (Piraten) bei einer öffentlichen Diskussion der Neusser Bürgermeisterkandidaten auf das Problem hingewiesen: „In Bussen gilt: Rollator gegen Kinderwagen.“ Daran müsse sich in Neuss dringend etwas ändern.
Die Stadtwerke Neuss (SWN) sehen dagegen keinen Handlungsbedarf. „Es ist richtig, dass es mitunter zu Konkurrenzsituationen zwischen Rollatoren-Nutzern und Eltern mit Kinderwagen kommt“, sagt SWN-Sprecher Jürgen Scheer. Das lasse sich nicht vermeiden. 25 Millionen Fahrgäste beförderten die Stadtwerke jedes Jahr. „Für den Kundenmix halten wir die Einrichtung der Fahrzeuge für mehr als nur angemessen.“
Die Busse entsprechen schon länger den aktuellsten „Richtlinien zur Vermeidung von Zugangshemmnissen bei der Nutzung des ÖPNV“. So habe man zusätzlich zum Rollstuhlplatz bereits 2009 einen Mehrzweckplatz gegenüber Tür 3 eingeführt. „Die gesetzliche Grundlage hierfür ist aber erst seit wenigen Wochen in Kraft.“ Unabhängig von den offiziellen Stellplätzen nähmen die Busfahrer auch weitere Passagiere mit Rollator oder Kinderwagen mit. „Eine Gefährdung anderer Fahrgäste muss dabei aber ausgeschlossen werden.“
In den neueren Bussen der Rheinbahn ist Platz für vier bis sechs Rollatoren, berichtet Sprecher Georg Schumacher. „Das finde ich nicht wenig.“ Bestehende Busse oder Bahnen umzubauen, sei schwierig. Man achte aber bei Neuanschaffungen darauf. „Denn auch die Mitnahme von Fahrrädern nimmt zu.“ Andrea Bürger sieht durchaus Möglichkeiten, die Stellflächen zu vergrößern: „Ich komme aus dem Norden“, sagt die Mutter. „Da haben die Busse viele Klappsitze.“ Dies hält Schumacher aber nur begrenzt für machbar. „Gerade ältere Leute sagen uns, dass sie Angst hätten, der Sitz könne wieder hochklappen.“ Außerdem seien Klappsitze nicht so komfortabel wie richtige Sitze. Ein Argument, das Bürger nicht gelten lässt. „Man fährt meist nur kurze Strecken mit dem Bus“, sagt die 31-Jährige. „Dafür reichen doch Klappsitze.“
Das Thema ist auch bei den SWN noch nicht beendet. „Die Nutzung von Rollatoren ist in Deutschland stärker ausgeprägt als in den meisten europäischen Ländern“, berichtet Jürgen Scheer. Diesen Monat finde deshalb ein NRW-weiter Rollatortag statt. „An diesem beteiligen sich auch die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Neuss.“