Integration in der Fahrradwerkstatt
Herbert Palmen und Jochen Hotstegs bringen zusammen mit Flüchtlingen alte Drahtesel wieder auf Vordermann.
Kaarst. Es geht „nur“ um alte Fahrräder und ein paar kleine Reparaturen: platte Reifen flicken, Bremsen nachziehen, Ersatzteile austauschen, sowas. Aber für die drei jungen Männer, die sich an diesem Vormittag der Presse vorstellen, ist „das hier“ viel mehr: eine Aufgabe, eine Perspektive, ein wichtiger Schritt in Richtung Integration.
Seit gestern ist die erste Kaarster Fahrradwerkstatt unter Federführung des ökumenischen Arbeitskreises Asyl geöffnet. Die Evangelische Kirchengemeinde in Kaarst hat im „Haus Regenbogen“ zwei große Räume zur Verfügung gestellt — einen zum Lagern und einen zum Arbeiten. Herbert Palmen und Jochen Hotstegs werden dort fortan gemeinsam mit Flüchtlingen gespendete Fahrräder reparieren und fahrtüchtig machen, bevor die dann wieder „fast wie neuen“ Vehikel vom Sozialbereich der Stadt Kaarst an Asylsuchende weitergegeben werden. Die Idee dazu hatte Herbert Palmen.
Seit Anfang Juli ist er als Feuerwehr-Chef offiziell im Ruhestand. Als Angestellter der Stadtverwaltung wird er noch bis zum Ende des Jahres arbeiten. Danach ist auch mit dem Bürojob Schluss. Dann beginnt für den 63-Jährigen ein neuer Lebensabschnitt, den er, wie er selbst sagt, „am liebsten sinnvoll füllen“ will. Die Fahrradwerkstatt ist ein Mosaikstein — für Herbert Palmen persönlich, aber auch für die Kaarster — beim Aufbau einer echten Willkommenskultur.
70 Fahrräder, vom vier Monate alten E-Bike bis hin zum „klapprigen Möhrchen“, haben die ehrenamtlichen Helfer in den vergangenen Monaten gesammelt, 15 weitere Spenden sind bereits angekündigt. „Die Spender stammen fast ausschließlich aus Kaarst, aber ein paar Neusser sind auch dabei“, sagt Palmen. „Wir werden am Freitag anfangen, die Räder durchzuchecken und dann zu reparieren.“ Geld für Ersatzteile hat Pfarrer Martin Pilz kürzlich im Gottesdienst gesammelt. Und: „Für größere, aufwendigere Arbeiten“, sagt Werkstattchef Palmen, „hat uns das ,Haus der Räder’am Kaarster Friedhof Unterstützung zugesagt.“
Seine Mitarbeiter würden am liebsten gleich starten. Moro Seded, 34 Jahre alt, aus Ghana, ist gelernter Automechaniker und lebt seit zwei Monaten am Bäumchensweg. „Ich habe mich in meiner Heimat zwar nicht mit Fahrrädern beschäftigt“, sagt er, „aber die dürften leichter als Autos zu reparieren sein.“ Auch Amine Yunus (37, Ghana) und Michael Okoduwa (27, Nigeria) wollen unbedingt arbeiten. „Die Nachfrage nach Beschäftigung in den Unterkünften ist sehr groß“, sagt Susanne Enkel, Flüchtlingsbeauftragte bei der Stadt Kaarst.