Chemieunfall in Dormagen: „Wir haben großes Glück gehabt“
Nach dem Großbrand beim Chemieunternehmen Ineos stellen sich viele Fragen.
<strong>Dormagen. "Wer nach dem Großbrand auf Beschwichtigung setzt, liegt falsch. Wir müssen mit aller Offenheit reagieren. In Dormagen leben viele Experten, denen müssen und können wir nichts vormachen", sagt Bürgermeister Heinz Hilgers. Am Montagmittag hatte eine Stichflamme aus einer Ethylen-Pipeline beim Chemieunternehmen Ineos einen Acrylnitril-Tank (siehe Grafik: 209) in Brand gesetzt. Die Flammen wurden mit Hilfe eines Schaumteppichs erstickt.
Warum war das Wetter so wichtig?
"Wir haben großes Glück gehabt", sagt Bürgermeister Hilgers. Denn wegen der Wetterlage konnten die Schadstoffe steil in die Atmosphäre entweichen. "Bei Regen allerdings wäre die Lage problematisch gewesen", sagt der Stadtchef. Für Dormagen war der Wind aus Nordwest nach Südost günstig. "Eigentlich weht er meist von Südwest nach Nordost. Dann wäre Rheinfeld und nicht Worringen betroffen gewesen", sagt Sabine Voss, Leiterin der Feuerwehrwache. "Wir haben aber für jede erdenkliche Windrichtung Notfallpläne vorbereitet. Im schlimmsten Fall, bei ungünstiger Wetterlage, hätte es gereicht, die Fenster und Türen geschlossen zu halten und sich in der Wohnung aufzuhalten", erläutert sie.Wie gefährlich sind die Stoffe?
Bei Ethylen und Acylnitril handelt sich um reaktive Chemikalien, die für die Herstellung weiterer Chemikalien verwendet werden. "Sie sind alle hochentzündlich, so dass für Verwendung und Lagerung strenge Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind, die natürlich auch für den Brandfall festgelegt werden", sagt Professor Helmut Greim von der Technischen Uni München.
"Acrylnitril ist krebserzeugend, wobei das Krebsrisiko für die Bevölkerung bei einem Unfall im Vergleich zum Acrylnitril im Tabakrauch (Raucher und Passivraucher) gering ist", erklärt Professor Greim.
"Es entsteht immer Kohlenmonoxid und bei stickstoffhaltigen Verbindungen wie Acrylnitril auch Cyanid. Gefährlich wird es aber nur dann, wenn man sich in der Rauchwolke aufhält", erläutert Toxikologe Greim.
Arbeiter sollen vor dem Unglück mit der Wartung der Pipeline befasst gewesen sein. "Derzeit ist aber noch nicht geklärt, ob es ein technischer Effekt war oder menschliches Versagen", sagte ein Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft Köln.