Diese Vorwürfe stehen gegen den Stadtwerke-Chef im Raum
Heinz Runde hat alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wuppertal zurückgewiesen.
Neuss. Der unter Korruptionsverdacht stehende Stadtwerke-Chef Heinz Runde hat alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wuppertal zurückgewiesen. Runde erklärte in einem Schreiben an Bürgermeister Reiner Breuer: „Ich versichere Ihnen, dass ich alle Beschuldigungen zurückweise.“ Nun sind Details der Ermittlungen bekanntgeworden, warum Mitte Dezember 80 Fahnder 20 Objekte am Niederrhein durchsuchten. Es gibt eine Reihe von Beschuldigten, Personen wie Unternehmen, es geht um den Verdacht auf Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Der schwerwiegendste Vorwurf betrifft den Hauptbeschuldigten Runde und die laut Ermittlern dubiose Vergabe von Aufträgen der Stadtwerke an eine Arbeitsgemeinschaft von Unternehmen, die Arbeiten wie Hausanschlüsse, Hauptrohr und Reparatur erledigen sollte.
Diese Arbeitsgemeinschaft begann sich der Staatsanwaltschaft Wuppertal zufolge spätestens im Jahr 2010 Sorgen um ihre lukrativen Aufträge der Stadtwerke Neuss zu machen. Anlass sei zum einen eine konkurrierende Firma gewesen. Und zum anderen ein neues Leistungsverzeichnis — das sind genau formulierte Bauanforderungen, auf die die RWE AG mit ihrem Eintritt als Gesellschafter im September 2009 Einfluss genommen hatte.
Bei mehreren Arbeitsessen in den Jahren 2010 und 2012 soll nun, so die Staatsanwaltschaft, zwischen Vertretern der Arbeitsgemeinschaft und Runde besprochen worden sein, welche „Konsequenzen“ dies alles habe, wie man mit dem „neuen Wettbewerber“ umgehe und wie „die Zukunft der Arbeitsgemeinschaft bei den SWN aussehe“.
Als die Arbeiten dann im Jahr 2012 tatsächlich erstmals nach den neuen Anforderungen ausgeschrieben wurden, kam die Arbeitsgemeinschaft mit den größten Aufträgen zum Zug. „Obwohl die Arbeitsgemeinschaft nur das viertbeste Angebot abgab“, sagt die Staatsanwaltschaft. Offizielle Begründung: Die Arbeitsgemeinschaft habe einen zusätzlichen Entstördienst angeboten. Die Ermittler indes vermuten: Korruption.
Im Jahr 2005 bereits soll Runde Ausschachtungsarbeiten auf seinem Privatgrundstück mit einer Rechnungssumme in Höhe von 23 676,36 Euro netto bei einer der beteiligten Firmen in Auftrag gegeben haben. Aber nur knapp die Hälfte davon sei als Rechnung ausgewiesen und überwiesen worden. Den Rest habe der Stadtwerke-Chef mit einem Nachlass von zehn Prozent schwarz und in bar bezahlt, so die Ermittler.
Außerdem soll die Arbeitsgemeinschaft bei Runde den Garten gepflegt und dafür über Jahre nicht einmal ihre eigenen Personalausgaben berechnet haben. Sachleistungen wie Olivenbaum und Edelstahlgrill seien ohne Bezahlung geliefert worden. Bei ihrer jüngsten Razzia suchten die Fahnder nach diesen und weiteren Stücken. Den Grill habe man schon bei der Durchsuchung 2014 gefunden.
Die Ermittler folgern daraus: „Der Beschuldigte (...) ließ sich (...) verschiedene Vorteile gewähren. (...) Als Gegenleistung beriet der Beschuldigte (...), wie sie die Stellung der Arbeitsgemeinschaft bei der Vergabe von Aufträgen der Stadtwerke unter schwieriger gewordenen Verhältnissen sichern könnten, oder nahm sogar Einfluss auf die Auftragsvergabe.“ Die Ermittler folgern daraus: Sollten die Vorwürfe zutreffen, wäre dies Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Runde weist die Vorwürfe im Schreiben an den Bürgermeister zurück. Seine Anwältin Anne Wehnert war gestern für einen Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach den Durchsuchungen im Privathaus hatte sie erklärt: „Dort ist nicht ein Stück Papier mitgenommen und nichts sichergestellt worden. Das falsifiziert den Vorwurf. Wir arbeiten seit dem ersten Tag kooperativ mit der Staatsanwaltschaft zusammen.“
Das Sponsoring des Neusser Bürgerschützenfestes in Höhe von 200 000 Euro bewertet die Staatsanwaltschaft als Untreue. Die Ermittler werfen der Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH vor, dass eine Entscheidung über dieses Sponsoring von allen Geschäftsführern gemeinsam hätte getroffen werden müssen. Das Votum von Kämmerer Frank Gensler als nebenamtlicher Geschäftsführer fehlte.
2010, als das Sponsoring mit 40 000 Euro begann, sei vereinbart worden, dass man sich, „was die Anzahl der Werbeflächen anbelangt, noch etwas zurückhält. (...) Wir brauchen für nächstes Jahr noch viel Luft nach oben.“ Die Initiative sei von der Stadtwerke-Spitze, nämlich Runde, ausgegangen, nicht von der Vermarktungs-Agentur. Dies habe Runde dem Aufsichtsrat verschwiegen, als der über das Sponsoring-Paket befand. Für die Ermittler ergibt das den Verdacht der Untreue.