Diskussion über den Umgang mit Demenz

Mehrere Experten trafen sich bei Demenz-Forum. Unter anderem ging es um aktuelle Projekte.

Foto: woi

Neuss. Etwa 1,3 bis 1,5 Millionen Menschen mit Demenz leben in Deutschland — so die aktuellen Schätzungen. Bis 2050 soll sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Im öffentlichen Raum tauchen Demenzerkrankte jedoch kaum auf. Mit dem Verlust der eigenen Erinnerung geht oft auch das Vergessenwerden in der Gesellschaft einher. Doch wie ist eine bessere gesellschaftliche Teilhabe möglich? Und wie können Enttabuisierung und Aufklärung erreicht werden? Fragen, mit denen sich das Demenz-Forum „Erinnerung“ beschäftigte. Dazu hatten das St.-Augustinus-Memory-Zentrum und die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege eingeladen.

Im Rahmen dieses Forums wurden zwei Ausstellungen zum Thema eröffnet. Die Fotokünstlerin Laurence Chaperon zeigt in ihrer Ausstellung „Erinnerung“ Portraits bekannter Politiker mit persönlichen Statements. „Spuren suchen“ heißt die zweite Ausstellung. Sechs Bewohner aus dem Gerontopsychiatrischen Pflegeheim Haus St. Georg versuchten, sich mit Hilfe von Bildern aus der Vergangenheit an Szenen aus dem eigenen Leben zu erinnern. Diese Momente hat der Fotograf Wolfgang Gepp eingefangen. Bis Ende Juli sind beide Ausstellungen im Memory-Zentrum zu sehen.

Um gesellschaftliche Teilhabe ging es auch bei dem Expertengespräch im Rahmen des Demenz-Forums. Wie unterschiedlich dazu die Meinungen sind, zeigte sich bei der Diskussionsrunde, an der neben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Andreas Fellgiebel, Chefarzt der Gerontopsychiatrie am Klinikum Alzey, Diakonissin Brigitta Schröder, Henning Scherf, ehemaliger Bürgermeister von Bremen und Schirmherr der Deutschen Stiftung für Demenzerkrankte, sowie Ralf Ihl, Leiter des Alexianer Demenz-Forschungszentrums in Krefeld, teilnahmen.

Ihl stellte das Projekt „Tandem“ vor, das in Krefeld praktiziert werde. „Jeder Hausarzt, der mit dem Thema Demenz konfrontiert wird, und das Gefühl hat, nicht weiterhelfen zu können, bekommt einen Sozialarbeiter zur Seite gestellt, der über den weiteren Verlauf Ansprechpartner für Angehörige und Betroffene bleibt.“

Dieses sei eines von vielen Projekten, die derzeit bundesweit unter dem Oberbegriff „Zukunftswerkstatt Demenz“ über drei Jahre lang gefördert werden, erklärte Gröhe. Nach Auswertung der Projekte werde man entscheiden müssen, ob und welche in die Regelversorgung übernommen werden können. Eine deutliche Verbesserung der ambulanten Krisenintervention mahnte wiederum Fellgiebel an: „Weglaufgefährdete Demente gehören nicht ins Krankenhaus. Das ist eine Katastrophe.“ Schröder rief dazu auf, das Herumalbern mit Dementen mehr zuzulassen und weniger dem gesellschaftlichen Mainstream der kognitiven Leistung zu folgen. Viel Anklang fanden die Worte von Scherf: „Leben mit Gedächtnisproblemen ist unser aller Lebensperspektive.“ Demente sollten in ihren Dörfern bleiben können und gehörten nicht abgeschoben in Sondereinrichtungen. bb