Dormagen: Wenn eine Chemieanlage zum Tüv muss

Bei Ineos werden zurzeit zwei riesige Produktionsbereiche durchgecheckt. Die Anlagen werden für Wochen stillgelegt.

Dormagen. Eine Chemieanlage muss, genau wie ein Auto, regelmäßig zum Tüv, um sicherheitstechnisch durchgecheckt zu werden. Genau das geschieht derzeit bei der Firma Ineos im Dormagener Chempark. Hierzu müssen riesige Anlage für mehrere Wochen stillgelegt werden.

Ab Mittwoch wird eine der beiden Acrylnitril-Anlagen für wiederkehrende Wartungs- und Prüfarbeiten mehrere Wochen außer Betrieb genommen. Geprüft werden mehr als 400 Apparate, 2.000 Prüfkreise, 200 Sicherheitsventile und Rohrleitungssysteme mit einer Länge von etwa zehn Kilometern. Bereits am 27. August war die Ammoniak-Anlage der Firma stillgelegt worden. Geprüft werden mehr als 250 Apparate, 4.100Prüfkreise, fast 250 Sicherheitsventile und Rohrleitungen mit einer Länge von mehr als fünf Kilometern.

Bei einem Stillstand dieser Größenordnung ist der Tüv-Süd tagsüber mit bis zu sechs Sachverständigen verschiedener Fachgebiete in der Anlage unterwegs. Dazu kommen die im Stillstand üblichen Nachtschichten und Wochenendeinsätze. Und wenn es personell eng wird, greift der Tüv in Dormagen auf Mitarbeiter an anderen Firmenstandorte zurück und kann das eingebundene Prüfpersonal so kurzfristig aufstocken.

Die Planung eines Stillstandes beginnt in der Regel zwei Jahre zuvor mit der Grobplanung. Am "Tag X" wird die Anlage vollständig außer Betrieb genommen. Drücke werden abgesenkt, die Anlage wird abgekühlt, flüssige und gasförmige Stoffe aus den Systemen entfernt. Die verwertbaren Stoffe werden in Tanks gelagert, bis sie nach dem Stillstand wieder verwendet werden.

Ein geringer Teil wird in der Abfahrphase über das Fackelsystem verbrannt. Ist die Anlage nach einigen Tagen vollständig drucklos, kann mit der eigentlichen Stillstandsarbeit begonnen werden: Apparate werden geöffnet, zerlegt, gereinigt, geprüft, repariert, instand gesetzt und wieder zusammengebaut. Die Anlage wird mit einem Hochdruckwasserstrahl grundgereinigt.

Der Tüv führt Sicht- und Druckprüfungen durch und dokumentiert sie. Nachdem diese Arbeiten erledigt sind und die Anlage wieder zusammengebaut ist, werden Dichtigkeitsprüfungen und Probeläufe durchgeführt. In der Anfahrphase werden die Systeme befüllt und wieder auf Druck und Temperatur gebracht, bis die Produktion wieder laufen kann.

Alle Erkenntnisse werden aufbereitet und für den kommenden Stillstand in fünf Jahren dokumentiert. Denn: "Nach dem Stillstand ist vor dem Stillstand."