Europawahl 2024 – das Ergebnis im Rhein-Kreis Neuss SPD und Grüne im Abwärtstrend – Basis fordert Reaktionen in Berlin

Rhein-Kreis · Die CDU ist hingegen wieder da, so interpretieren die Christdemokraten auch im Rhein-Kreis das Ergebnis der Europawahl. Die Reaktionen.

Wahl in Uniform: Adjutant Jens Theobald, Standartenträger Marco Schmidt und Schützenkönig Kevin Bölling aus Weckhoven wählten gemeinsam.

Foto: Andreas Woitschützke

Partystimmung bei der CDU, Frust bei SPD und Grünen am Abend der Europawahl. Während sich die Christdemokraten im Vergleich zur Europawahl 2019 mit 35,1 Prozent gut behaupten und sogar zulegen, fährt die SPD bundesweit ein weiteres historisch-schlechtes Ergebnis ein, das auch auf den Rhein-Kreis durchschlägt. 15,1 Prozent sind noch einmal 1,2 Prozentpunkte weniger als 2019. Die Grünen stürzen im Rhein-Kreis – wie bundesweit – ab. Die AfD wird erstmals zweistellig. Die FDP bleibt annähernd stabil, die Linke verliert deutlich, dafür erreicht das Bündnis Sahra Wagenknecht BSW im Kreis aus dem Stand knapp vier Prozent.

So brutal können Höhenflüge enden: Bündnis 90/Die Grünen wurden 2019 mit 21,7 zweitstärkste politische Kraft mit einem satten Abstand auf die damals um mehr als 12 Prozent abgestürzte SPD. Die Grünen waren die klaren Gewinner der Europawahl im Kreis, auch wenn die CDU mit 32,4 Prozent auf Platz eins lag – dabei allerdings ein Minus von 8,6 Prozent verkraften musste. Fünf Jahre später sind die Grünen in etwa dort angekommen, wo die SPD sich am Abend der Europawahl 2019 fühlte: am Boden. „Das ist kein gutes Ergebnis“, sagt Hans Christian Markert, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag. Es werde sehr deutlich, dass wichtige Themen wie der Klimawandel, die bei der Europawahl 2019 noch eine große Rolle gespielt hätten, derzeit nicht das seien, „was den Menschen auf den Nägeln brennt“. Mit Blick auf den Bund müsse die Ampel dringend ihre Kommunikation verbessern und die Menschen gerade bei Entscheidungen wie dem Heizungsgesetz, die jeden unmittelbar betreffen, stärker „mitnehmen“. Für Birgit Wollbold, Co-Sprecherin der Kreis-Grünen, ist das Ergebnis „sehr enttäuschend“. Die Grünen müssten deutlich machen, dass sie auch für Rechtsstaatlichkeit und Innere Sicherheit stehen.

Daniel Rinkert MdB, Vorsitzender der SPD im Rhein-Kreis, fordert, den Streit in der Ampelkoalition endlich zu beenden. Das Ergebnis der Europawahl zeige deutlich: „Das fällt uns auf die Füße.“ Von einer Personaldebatte als Reaktion auf die Wahl wie 2019 hält er nichts: „Die SPD ist heute eine andere und steht geschlossen wie nie.“ Rinkert hofft, dass alle Beteiligten „den Schuss nun endlich hören“ und Erfolge der Koalition besser transportieren.

2019 forderten die Sozialdemokraten einen Neuanfang, die SPD müsse sich progressiv, modern und personell neu aufstellen. 2024 ist die Zeit nach Corona und im Krieg gegen die Ukraine eine andere, ebenso wie die Regierungskoalition in Berlin, wo sich nicht mehr die Groko, sondern die Ampel verschleißt, dass es an der Basis immer schwieriger wird, beim Wähler Begeisterung zu wecken. Davon profitiert die CDU, das treibt aber auch die Wähler zur AfD. Vor fünf Jahren lag die AfD im Rhein-Kreis noch bei 8 Prozent, blieb also noch einstellig, während sie im Bund bereits 11 Prozent holen konnte. Jetzt ist die AfD auch im Kreis zweistellig unterwegs. Könnte sie zweitstärkste Kraft im Kreis werden? Auf kommunaler Ebene mag das noch nicht gelten, wenn 2025 die Räte und Bürgermeister gewählt werden. Bei der Europawahl kann die SPD kreisweit ihren Platz zwei gegenüber der AfD noch verteidigen. Die Europawahl zeigt aber eben auch, dass auch der Rhein-Kreis nicht frei von Wählern ist, die offenbar bereit sind, die extreme Rechte mit ihrer Stimme zu unterstützen. „Der Rhein-Kreis braucht keine AfD“, sagt CDU-Kreisvorsitzender Ansgar Heveling, MdB. In den kommenden Wahlkämpfen werde seine Partei sehr deutlich machen, wer nur rede und wer die richtigen Konzepte und die Kraft habe, in den entscheidenden Fragen etwas zum Positiven zu bewegen. Die Europawahl habe gezeigt, dass die CDU bundesweit die mit Abstand stärkste Kraft sei – „und im Rhein-Kreis sind wir sogar noch etwas stärker, das gibt Rückenwind für die Wahlen 2025“. Auch FDP-Kreisvorsitzender Bijan Djir-Sarai blickt mit Optimismus nach vorn. Die FDP habe Stabilität bewiesen und sei im Kreis erneut stärker als im Bund. Wichtig sei es – auch mit Blick auf die AfD –, dass die demokratischen Parteien die wahren Probleme des Landes lösen. Dazu gehörten Wirtschaft und Innere Sicherheit, aber auch eine bessere Steuerung der Migration.