„Fackel-Georg“ regiert in Neuss

Der neue König Georg Martin ist Jurist, liebt das Motorradfahren und hat als Fackelbauer bei seinem Zug einen passenden Spitznamen.

Neuss. Das Facebook-Profil von Georg Martin (59) zeigt — einen Biker: schweres Motorrad, und ein Fahrer mit Kopftuch und zufriedenem Lächeln vor verschneiten Bergen. Irgendwie lässig. Und so tritt der neue Neusser Schützenkönig auch am Tag eins nach dem Vogelschießen vor die Presse. „Ein Hobby, das wir teilen“, sagt Martin über sich und seine Lebensgefährtin Angelika Kunz (54), mit der er noch im Mai durch Italien gekurvt war. Das Motorradfahren wird „hoffähig“.

Der 59-jährige Jurist vom Schützenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“ hat gerade das vielleicht schönste Ehrenamt in Neuss errungen. Schön, weil weil man sich als Schützenkönig nicht dafür entschuldigen muss, wenn man es nach einem Jahr wieder abgibt. Schön, weil Martin — angesichts von drei guten Mitbewerbern — selbst nicht wirklich mit einem Erfolg gerechnet hat. Schön, weil der Moment, als um 18.35 Uhr am Dienstagabend der Vogel fiel, das Paar in den Mittelpunkt eines großen öffentlichen Interesses katapultiert wurde.

„Fackel-Georg“ regiert in Neuss
Foto: Woitschützke (2)/Kleinau (2)

Als beide um 3.30 Uhr nach einem langen Tag dann doch daheim an der Eintrachtstraße eintrafen, hatten die Nachbarn schon geschmückt: Roter Teppich und Fähnchen vor dem Haus, ein Spalier von brennenden Teelichtern, Lebkuchenherz an der Tür und ein Willkommensgruß aus Kreide auf der Fahrbahn. Toll sei das gewesen, sagen beide.

Die neue Schützenmajestät wurde in Düsseldorf geboren, wuchs in Neuss auf, machte 1977 Abitur am Quirinus-Gymnasium, studierte Jura in Bonn und war danach lange für die Allianz-Versicherung tätig. Die setzte ihn auch in Hamburg oder Berlin ein. Doch von den Schützenfesten, die sein Zug seit der Gründung im Jahr 1978 mitmachte, verpasste er nur ein einziges.

Seine Lebensgefährtin Angelika, die in Meerbusch-Lank geboren wurde und in Krefeld aufwuchs, erlebte jetzt ihr drittes Schützenfest in Neuss — und das erste als Bürgerin der Stadt. Die Bankkauffrau, die inzwischen in die chemische Industrie gewechselt ist, stimmte schon vor einem Jahr seinen Königsabsichten zu. Ausschlaggebend dafür war das Schützenfest in Rosellen im Vorjahr. Dort wurde mitgefeiert, weil man den Schützenkönig Michael Matusche gut kannte. Und wenn dessen Amtszeit an diesem Samstag endet, kommt er vielleicht in die Stadthalle, wo mit der Krönung, die Amtszeit von Georg Martin beginnt.

Sicher kommen wollen auf jeden Fall die Mitbewerber an der Vogelstange, Bernd Herten, Jochem Kirschbaum und Thomas Gondorf. Die Einladung sprach der König nach dem Wackelzug bei einem Bier im Vogthaus aus — nachdem er sie im Festzelt schon einen Schluck aus „seinem“ Königspokal hatte nehmen lassen. „Vielleicht war das schon der erste Verstoß gegen das Protokoll“, sagt Martin. Der Familienvater, Jurist, Biker und Feldwebel in seinem Zug ist auch Fackelbauer. Deswegen will „Fackel-Georg“, wie ihn seine Schützenkameraden nennen, in seinem Königsjahr auch alles tun, was mit Fackeln zu tun. Das könnte etwas — der Familienname legt es nahe — mit dem Martinsbrauchtum zu tun haben, sagt der König. Auf jeden Fall aber mit dem Fackelbau, bei dem er jetzt pausieren muss. „Der Fackelbau“, sagt er deutlich, „braucht einen Push.“