Gaspreise: Teilerfolg für Bürgerinitiative
Rund 220 Stadtwerke-Kunden machten am Dienstagabend ihren Unmut deutlich. Die Geschäftsführer bieten nun Gespräche an.
<strong>Kaarst. Die Stadtwerke Kaarst senken zum 1. April den Erdgaspreis um 0,35 Cent pro Kilowattstunde und ändern die Tarifstruktur. Die Fix-Tarife und der Tarif "Erdgas-Maxi" entfallen. Den neuen "Best"-Tarif gibt es nur gegen eine erneute Vertragsunterschrift. "Doch dadurch wird das Widerspruchsrecht des Verbrauchers eingeschränkt", sagt Siegfried Lautenschläger, Sprecher der Bürgerinitiative "Fairer Gaspreis für Kaarst." Er hat ausgerechnet, dass zwar der Preis für das Gas um elf Prozent sinkt, gleichzeitig aber der Grundpreis um 43 Prozent steigt. "Bei gleichbleibendem Verbrauch wird dadurch der Endpreis meiner Jahresabrechnung im Vergleich zum Vorjahr vor Umsatzsteuer um sieben Prozent höher ausfallen. Diese Tarif- und Preisentwicklung verstehen viel Kunden nicht und fordern Klarheit", weiß er. Rund 220 Kunden der Stadtwerke Kaarst sind am Dienstagabend der Einladung der Bürgerinitiative gefolgt und zu einer Podiumsdiskussion in den Bischofshof in Holzbüttgen gekommen.
Warum führen die Stadtwerke Kaarst eine neue Tarifstruktur ein?
Besonders die neue Tarifstruktur führt zum Unmut bei den Kunden. "Wir wollen das Bewusstsein schärfen, dass kleinere Heizgeräte oft viel effizienter arbeiten", erklärt SWK-Vertriebsleiter Stefan Pruss. So sollen die neuen Tarife wie "Best", "Best plus" und "Big" den Energiespar-Gedanken stärken. Für den Vorsitzenden des Bundes der Energieverbraucher betreiben die Stadtwerke aber eher ein Verwirrspiel: "Bei höheren Grundpreisen wird keine Energie gespart. Das ist kein Anreiz. Das Gegenteil ist richtig: Je niedriger der Grundpreis, umso mehr wird gespart. Dann bezahlt der Kunde tatsächlich nur das verbrauchte Gas."Wie kann der Kunde auf die neue Tarifstruktur reagieren?
"Der neue Best-Tarif hat durchaus gute Konditionen", sagt Lautenschläger. Der Haken: Ein Sondervertrag wird abgeschlossen. "Dann greift aber nicht unbedingt der Paragraph 315 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB). Denn beide Parteien unterschreiben willentlich", erläutert Rechtsanwältin Leonora Holling. Sie rät: "Verträge sind einzuhalten. Bestehen Sie auf Ihrem alten Vertrag."
Die Stadt Kaarst und die Gelsenwasser AG sind zu je 50 Prozent Anteilseigner der Stadtwerke Kaarst. "Die Gewinne der SWK liegen über eine Million Euro. Die Stadt verdient jährlich durch den Gewinn und die Konzessionsabgaben rund 775 000 Euro an den Stadtwerken", sagt Lautenschläger. Kämmerer Peter Panitz erläutert, dass das Geld wie alle anderen Steuern und Abgaben in den Haushalt der Stadt einfließt. "Sie sorgen auch dafür, dass nicht zusätzliche Abgaben erhoben werden", sagt er.
"Wir können unsere Kalkulation nicht offen legen, weil wir damit unseren Wettbewerbern Vorteile verschaffen", sagt Pruss. Ein unabhängiger Gutachter habe den Stadtwerken aber bestätigt, dass das Unternehmen die Preise gerechtfertigt den Bezugskosten angepasst habe. "Gutachter können aber nur die Zahlen überprüfen, die sie bekommen", wirft Rechtsanwältin Holling ein. Sie vermutet: "Weil die Gasversorger Schwierigkeiten haben den Gerichten die Bezugspreise zu verkaufen, heben sie nun die Grundpreise an." Energie-Experte Peters und Anwältin Holling raten: "Akzeptieren Sie die Preise nicht, legen Sie Widerspruch ein. Kürzen Sie die Rechnungen um 20 Prozent, bis ein Gericht den gerechtfertigten Preis ermittelt. Sie müssen keine Angst haben, dass der Gashahn abgedreht wird."
Für Aribert Peters haben die Proteste der Kunden erste Erfolge gebracht: "Die Versorgungswirtschaft hat bereits die Margen gesenkt. Aber es ist doch so, dass sie gar kein Interesse haben, günstiger einzukaufen. Denn wenn die Bezugskosten steigen, werden die auf die Kunden abgewälzt."