Vorhang zu im Theater?

WZ-Interview: RLT-Intendantin Ulrike Schanko über Grenzen des Sparens.

Westdeutsche Zeitung: Frau Schanko, in diesem Jahr wird dem RLT bis auf exakt 450 Euro vom städtischen Zuschuss nichts gekürzt. Das ist doch eine gute Nachricht, oder?Ulrike Schanko: Eine wunderbare Nachricht, ja. Diese Spielzeit werden wir sorgenfrei zu Ende bringen. Die Sorgen durch das Auslaufen der Kooperation mit dem Theater Krefeld/Mönchengladbach und dem damit verbundenen Wegfall einer Produktion ist durch den zusätzlichen, fürs Kinder- und Jugendtheater zweckgebundenen Landeszuschuss aufgefangen. Jetzt machen wir ein schönes Jugendstück für das große Haus! Ja, das ist der angenehme Teil. WZ: 2008 geht es um Kürzungen von 53 000 und 2009 um knapp 100 000 Euro, 2010 dann um 150 000 Euro. Wo liegt die Schmerzgrenze? Schanko: Die Schmerzgrenze erreichen wir 2008. Das Problem ist doch: Die Kürzungen sind de facto viel höher. Ab 2008 fällt die Anpassungsabgabe von 2 Prozent für Preissteigerungen und Lohnerhöhungen weg. Und dann sollen wir noch die Energiebewirtschaftung für unsere Gebäude übernehmen! WZ: Was bedeutet das? Schanko: Wir erhalten von der Stadt den Betrag, der bisher dafür angesetzt wurde. Das ist doch ein Riesen-Risiko! Die Energiepreise steigen, wir wissen nicht, wie der Winter wird. Wir können im Winter die Heizung nicht ausstellen und im Sommer nicht die Kühlung. Und Scheinwerfer können wir auch nicht ausschalten. Ja, zuhause kann ich mir eine Wolldecke nehmen. Sollen wir die künftig im Theater auslegen? WZ: Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie seit dem Bezug des Hauses vor sieben Jahren die Eintrittspreise nicht erhöht haben. Werden Sie das jetzt nachholen? Schanko: Ja. Nach dem Umzug haben wir drastisch erhöht, das gleich danach wieder zu tun, wäre unlauter gewesen. Zur neuen Spielzeit werden wir die Preise um einen Euro, für Kinderstücke um 50 Cent erhöhen. Auch die Garderobengebühr wird steigen. Generell aber kann man nicht sagen, dass wir zu preiswert wären. Wir liegen im guten Mittelfeld. WZ: Wo können Sie noch sparen, ohne dass es der Besucher merkt?Schanko (lacht): Ganz schwierig. Vielleicht können wir noch mehr Mails statt Briefe schreiben . . . Nein, wir können nur sparen, wenn wir ganze Reihen aufgeben, wie etwa das Kneipentheater, die Hörbar, Erzähl mir was. Die schönen kleinen Extras sind dran. Und dann geht es sehr schnell an die Produktionen. Das hat wieder neue Auswirkungen. Wir sind ein Landestheater, wir leben auch davon, dass wir unsere Produktionen verkaufen! WZ: Das RLT lebt vom Zuschuss der Stadt ebenso wie von dem des Landes. Haben Sie Reaktionen aus Düsseldorf auf die angekündigten städtischen Kürzungen? Schanko: Oh ja. Ich habe ein klares Signal, und ich würde mich wundern, wenn das nicht auch noch schriftlich an eine andere Adresse ginge. Die Aussage: Wenn die Stadt kürzt, wird auch das Land kürzen. Und was die jetzt zugesagten zusätzlichen Mittel von dreimal 160 000 Euro angeht, habe ich es schriftlich: Die Staatskanzlei schreibt, dass die Bezirksregierung den Betrag nur auszahlen soll, wenn sichergestellt ist, dass "andere öffentliche Zuschussgeber" ihre Mittel ungekürzt zur Verfügung stellen werden. WZ: Rein prozentual kommt das RLT noch sehr viel besser weg als das Theater am Schlachthof. Gibt es eine Solidarität der Theater?Schanko: Solidarität war immer da. Es gibt ja auch Grenzgänger zwischen den Theatern. Das TAS macht ein wunderbares Nischenprogramm, das wir gar nicht abdecken können. Gemeinsame Aktionen haben wir aber noch nicht besprochen. WZ: Und was planen Sie? Schanko: Der Betriebsrat plant. Soviel aber kann ich sagen: Am Samstag wird es einen Protestzug durch die Innenstadt geben, und am 28. April von 14 bis 18 Uhr einen "Herzblut-Tag" bei uns, da stehen alle Türen offen. WZ: Sind die Kürzungen wirklich nicht aufzufangen? Schanko: Nein. Von den 2,4 Millionen Euro von der Stadt sind 1,4 Millionen schon weg für die Miete. Tatsächlich arbeiten können wir mit nicht einmal 900 000 Euro. Die komplizierte Struktur eines Landestheaters bringt zudem so viele weitere Auswirkungen wie die schon erwähnte, dass wir unsere Produktionen verkaufen müssen. Den neuen Spielplan müssen wir jetzt schon machen, nur: auf welcher Grundlage? Wenn wir Stücke anbieten und verkaufen, die wir dann nicht produzieren können, brechen uns die Kunden weg. WZ: Noch einmal: Was geschieht, wenn der Rat die Kürzungen beschließt?Schanko: Ich hoffe, dass die Stadtverordneten bereit sind, nochmal nachzudenken. Es heißt immer: Wir stehen zum Theater - aber wir müssen sparen. Ich glaube, es ist nicht allen klar, was die Kürzungen jetzt bedeuten. 2010 wäre das Theater in diesem Haus zehn Jahre alt. Ich sage: Wenn die Kürzungen so durchgehen, werden wir das nicht erleben.